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Wirtschaft: Stärkster Aufschwung seit der Wende

BONN (wei).Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im ersten Quartal dieses Jahres unerwartet schnell gewachsen.

BONN (wei).Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im ersten Quartal dieses Jahres unerwartet schnell gewachsen.Nach den jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes lag das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt um 3,8 Prozent über dem des gleichen Vorjahreszeitraums.Nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt haben sich damit "die Perspektiven für die Schaffung neuer Arbeitsplätze deutlich verbessert".Dagegen sieht der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Ernst Schwanhold, in der jüngsten Konjunkturentwicklung "eine Ausnahmeerscheinung".

In der Tat sind es vor allem Sonderfaktoren, die das Wachstum des Bruttoinlandsprodukt in den ersten drei Monaten dieses Jahres antrieben.Das Statistische Bundesamt weist darauf hin, daß für den höchsten Anstieg des BIP seit der Wiedervereinigung zwei Arbeitstage mehr zur Verfügung standen als im Vorjahreszeitraum.Dazu kommt, daß der milde Winter die Produktionsausfälle im Baugewerbe in Grenzen hielt.Die Statistiker gehen zudem davon aus, daß die Verbraucher wegen der Mehrwertsteuererhöhung am 1.April Einkäufe auf das erste Quartal vorgezogen haben.

Dennoch ist in den ersten drei Monaten eine Beschleunigung des Wachstums unverkennbar: Deutlicher als zuvor nahm das BIP auch saison- und kalenderbereinigt zu.Immerhin wuchs das Bruttoinlandsprodukt auch im Vergleich zum Vorquartal, dem letzten Vierteljahr 1997, um ein Prozent, in den beiden Vorquartalen war der Zuwachs nur halb so hoch.

Auch in Ostdeutschland hat die Konjunktur zu Beginn des Jahres endlich Anschluß an die Entwicklung im Westen gefunden.Das BIP-Ost übertraf den Wert des ersten Quartals 1997 um vier Prozent.Konjunkturmotor ist unverändert der Export.Die Ausfuhren stiegen binnen Jahresfrist um 13,4 Prozent.Eine Belebung der Binnenkonjunktur zeichnet sich vor allem bei den Ausrüstungsinvestitionen ab, die um 10,7 Prozent zulegten.Vor allem die Industrie profitiert nachhaltig von der konjunkturellen Erholung: Im März und April gingen beim verarbeitenden Gewerbe 8,6 Prozent mehr Aufträge ein als vor einem Jahr.Die erwartete Belebung des privaten Verbrauchs blieb dagegen im ersten Quartal 1998 noch aus.Trotz der drohenden Mehrwertsteuererhöhung belief sich das Plus nur auf 1,7 Prozent - und blieb damit deutlich hinter dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum zurück.Die privaten Haushalte verfügten insgesamt über 2,3 Prozent mehr Einkommen, sie sparten weniger: nur 12,3 Prozent im Vergleich zu 12,7 Prozent im Vorjahresquartal.Die Arbeitnehmer waren an der Einkommensentwicklung mit 0,3 Prozent kaum beteiligt, was zu einem Rückgang der Lohnstückkosten um 3,3 Prozent beitrug.

Begleitet wird der Aufschwung von weiter stabilen Preisen und hoher Arbeitslosigkeit.Die Verbraucherpreise stiegen in den zwölf Monaten vor der Erhöhung der Mehrwertsteuer noch um ein Prozent, in den neuen Ländern waren sie sogar rückläufig.Für den Arbeitsmarkt brachte der Wachstumsschub zunächst keine Entlastung.Die Erwerbstätigkeit nahm im ersten Quartal weiter ab, im Westen um 38 000 und im Osten um 157 000.Dementsprechend waren 190 000 mehr Menschen arbeitslos.

Günter Rexrodt sieht die Erwartung der Regierung bestätigt, daß die Belebung der Exporte in diesem Jahr auf die Inlandsnachfrage überspringt.Der Aufschwung erfasse damit auch den Arbeitsmarkt: "Im Westen ist die Wende offensichtlich, in den neuen Ländern deutet sich eine Besserung an".Zur Trendwende hätten die rückläufigen Lohnstückkosten beigetragen.Die "Bild"-Zeitung berichtet in ihrer Freitagsausgabe, im Mai sei die Arbeitslosigkeit so stark zurückgegangen wie noch nie seit der Vereinigung.So sei die Zahl der Erwerbslosen um rund 220 000 auf 4,2 Millionen gesunken.

Für SPD-Wirtschaftsexperte Ernst Schwanhold zeigt der Rückgang der Beschäftigung im ersten Quartal dagegen, daß von einer Besserung am Arbeitsmarkt keine Rede sein könne.Die Investitionskonjunktur werde von "aufgeschobenen Vorhaben" gespeist, mit denen noch mehr Personal eingespart werde.Die Finanzkrisen in Asien und Rußland zeigten daß die "deutsche Exportflanke" offen sei, ohne daß die Regierung etwas dagegen unternehme.

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