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Wirtschaft: Stahl wird jetzt wieder teurer

Nachfrage aus Südamerika und Osteuropa zieht an

Berlin – Nach mehrmonatiger Talfahrt steigen die Stahlpreise jetzt wieder an. Der weltweit zweitgrößte Hersteller Arcelor aus Luxemburg hat für das vierte Quartal eine Preiserhöhung angekündigt. Hintergrund sei, dass seit Juni die Nachfrage nach Stahl wieder angezogen habe, teilte der Stahlhersteller am Donnerstag mit. Auch einige US-Produzenten hatten zuvor die Preise bereits zum 1. September wieder erhöht. Der deutsche Marktführer Thyssen-Krupp hat noch keine endgültige Entscheidung über seine Preispolitik getroffen. Unternehmenssprecher Dietmar Stamm erklärte jedoch auf Anfrage, dass man wahrscheinlich in Kürze eine Preiserhöhung bekannt geben werde. Die Salzgitter Stahl AG hat dagegen noch nicht über eine Preiserhöhung entschieden, sagte ein Sprecher.

In den vergangenen Monaten war der Stahlpreis weltweit unter Druck geraten. Nachdem im vergangenen Jahr die Preise gestiegen waren, hatten zum Jahresanfang die Kunden in Erwartung weiter steigender Preise und einer drohenden Kapazitätsverknappung ihre Lager gefüllt. Konsequenz: Im Anschluss daran sank die Nachfrage. Im August mussten Stahlproduzenten wie Mittal, Arcelor und Thyssen-Krupp ihre Preise senken. Auch der chinesische Stahlgigant Baosteel hatte Nachlässe von bis zu 15 Prozent für einzelne Produkte angekündigt.

Um die Preise zu stabilisieren, hatten die Hersteller im Sommer ihre Produktionskapazitäten teilweise deutlich eingeschränkt. Im Juli hatte beispielsweise der drittgrößte Stahlproduzent der Welt, Nippon Steel, seine Produktion um 300 000 Tonnen verringert. Auch die deutsche Stahlproduktion lag im August um 15,1 Prozent unterhalb des Vorjahreswertes.

Nun scheint der Preisrückgang der vergangenen Monate wieder gestoppt. Die Lagerbestände der Kunden haben wieder ein normales Niveau erreicht, berichtete ein Arcelor-Sprecher. Gestützt wird das Wachstum nicht mehr nur durch den Aufschwung des weltgrößten Stahlherstellers und -verbrauchers China, sondern auch durch den gestiegenen Stahlbedarf in Südamerika und Osteuropa. „Die jährlichen Wachstumsraten liegen derzeit bei 5,9 Prozent, was der Größenordnung während der Boomjahre in den fünfziger und sechziger Jahren entspricht“, heißt es bei der Düsseldorfer Wirtschaftsvereinigung Stahl. Das „Wall Street Journal“ hatte zudem berichtet, dass die Preise wegen des Hurrikans „Katrina“ um ein Fünftel steigen könnten.

Während die Stahlproduzenten jetzt wieder von der hohen Nachfrage profitieren und Rekordgewinne in Aussicht stellen, fürchten Kunden die weiteren Preissteigerungen. Hersteller von Spezial- und Präzisionswerkzeugen kennen seit Jahresanfang nur eine Preisbewegung: nach oben. Vorübergehende Entlastungen, wie es sie in anderen Bereichen gab, sind an dieser Branche spurlos vorübergegangen. Die Preise für einzelne Stahlprodukte sind nach Angaben des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau seit Anfang des Jahres um bis zu 600 Prozent gestiegen. Die meist mittelständischen Unternehmen könnten die gestiegenen Materialkosten jedoch kaum über Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben.

Frank Bremser

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