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Wirtschaft: Stahlarbeiter drohen mit Streikwelle

Die IG Metall will heute eine Einigung erzielen: Es geht ums Geld und „altersgerechtes Arbeiten“

Berlin - Die IG Metall will am heutigen Mittwoch die Tarifverhandlungen für die Stahlindustrie beenden. „Wir verlangen, dass es ein Ergebnis gibt“, sagte der Verhandlungsführer der Gewerkschaft, Detlef Wetzel, in einem Pressegespräch. Falls sich die Arbeitgeber in der anstehenden fünften Verhandlungsrunde heute in Gelsenkirchen nicht auf einen Kompromiss einließen, werde es in der kommenden Woche „Warnstreiks geben, wie sie die Stahlindustrie noch nicht gesehen hat“. Bedingt durch die Streiks seien bereits in den letzten Tagen rund 40 000 Tonnen Stahl weniger produziert worden. „Aber wir können auch 100 000 Tonnen“, drohte Wetzel. Bislang hätten die Arbeitgeber „viel zu wenig Geld“ bei einer zu langen Laufzeit des Tarifvertrags angeboten.

Die IG Metall fordert sieben Prozent mehr Lohn, die Arbeitgeber wollen drei Prozent geben und dazu eine Einmalzahlung von 500 Euro. Der neue Vertrag soll nach dem Willen der Arbeitgeber für die nächsten 19 Monate gelten. Da es der Branche „außerordentlich gut geht“, wie Wetzel sagt, will die IG Metall mehr Geld und daneben auch eine Vereinbarung über „altersgerechtes Arbeiten“. Doch bislang seien die Arbeitgeber „völlig unbeweglich“, ärgert sich der Spitzenmetaller, der in seiner Funktion als IG-Metall-Chef von Nordrhein-Westfalen die Verhandlungen führt und dabei mit dem Thema Alterung „ein neues tarifpolitisches Kapitel aufschlagen“ will.

Nach Erhebungen der IG Metall sind von den gut 90 000 Stahlarbeitern in Deutschland rund 30 Prozent älter als 50, das Durchschnittsalter liege bei 43,2 Jahren und verschiebe sich tendenziell nach oben. Um die Beschäftigungsfähigkeit älterer Menschen zu gewährleisten und um mit älteren Belegschaften in Zukunft „die gleiche Produktivität wie heute“ zu erreichen, setzt die IG Metall an drei Punkten an: erstens „die Arbeitsbedingungen so verändern, dass die Menschen gesund in Rente gehen“. Zum Zweiten müssten Möglichkeiten zum vorzeitigen Ausscheiden für die Personen gefunden werden, die „unmöglich bis 65 arbeiten können“. „Ein 65-jähriger kann nicht am Hochofen arbeiten“, sagte Wetzel. Das gelte auch für die Stahlarbeiter in der sogenannten Konti-Schicht, in der rund ums Jahr, also 365 Tage gearbeitet wird. Schließlich und drittens sollen nach dem Willen der Gewerkschaft mehr Junge nachrücken. Bislang würden die Belegschaften auch deshalb immer älter, weil die Stahlfirmen zu wenig ausbildeten und dann auch noch zu wenige nach der Ausbildung übernähmen.

In den aktuellen Tarifverhandlungen will Wetzel über eine „Altersstrukturanalyse“ einen Einstieg in das Thema vereinbaren. Die Firmen sollen dann gewissermaßen verpflichtet werden, sich mit Belastungen, Qualifizierungen und schließlich der Altersstruktur ihrer Belegschaft zu befassen. In einem späteren Schritt könnten die Betriebsparteien, also Geschäftsführungen und Betriebsräte, einen Fonds vereinbaren, in den Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzahlen. Das Geld würde zurückgelegt, um dann für kürzere Arbeitszeit im Alter oder frühzeitiges Ausscheiden genutzt zu werden.

Das „altersgerechte Arbeiten“ bezeichnete Wetzel als „mittelfristiges Projekt“. „Wir wollen auch in zehn Jahren noch 40 bis 45 Millionen Tonnen Stahl in Deutschland produzieren“, sagte der Gewerkschafter, „aber wenn sich nichts ändert, dann geht das nicht.“ Die Bereitschaft der Arbeitgeber sei allerdings noch unterentwickelt, da denen „die Gewinne von heute den Blick in die Zukunft verstellen“. Dabei müssten „die Arbeitgeber dankbar sein, dass wir das Thema aufgreifen“. Für den Fall einer Vereinbarung mit den Arbeitgebern deutete Wetzel Entgegenkommen an. „Wir sind immer bereit, durch Zugeständnisse gute Entwicklungen zu forcieren.“

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