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Wirtschaft: Standort München deklassiert Berlin

Im Städteranking sind nur Rostock und Halle schlechter als die Hauptstadt

Berlin - Das Urteil ist vernichtend: Während München im Städtevergleich der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) als erfolgreichste Stadt Deutschlands abschneidet, liegt Berlin abgeschlagen auf dem drittletzten von 50 möglichen Plätzen. Das Ranking, das INSM-Geschäftsführer Tasso Enzweiler und der Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“, Klaus Methfessel, am Mittwoch in Berlin vorstellten, soll abbilden, welche deutsche Stadt die besten Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung bietet. Wirtschaftssenator Harald Wolf hält die Studie in Bezug auf Berlin für wenig aussagekräftig: „Die Stärken Berlins werden nicht genügend berücksichtigt“, sagte er dem Tagesspiegel. Im Ranking würden „Äpfel mit Birnen verglichen“, kritisiert auch Hartmann Kleiner, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Unternehmerverbände in Berlin und Brandenburg.

Grundlage der Bewertung der 50 einwohnerstärksten Städte Deutschlands waren statistische Daten und Umfragen unter 1900 zufällig ausgewählten Unternehmen. Wohlstand und Arbeitsmarktbedingungen in den Städten flossen am stärksten in das Ergebnis ein, daneben spielten aber auch wirtschaftliche Kriterien wie das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, die Produktivität oder der Anteil Hochqualifizierter eine Rolle.

Der enttäuschende 48ste Rang für Berlin ist auf die schlechten Noten in den Kategorien Arbeitsmarkt und Struktur zurückzuführen: So war 2004 die Arbeitsplatzversorgung die schlechteste unter den verglichenen Städten, außerdem hatte Berlin die höchste Quote an Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-Empfängern. In der Rubrik „Standort“ schnitt die Stadt mit seiner geringen Ausbildungsplatzdichte, der relativen „Wirtschaftsunfreundlichkeit“ sowie einem hohen Pendlersaldo ebenfalls schlecht ab.

Wirtschaftssenator Wolf spricht den Ergebnissen jedoch keinen hohen Informationsgehalt zu: „Kriterien wie Arbeitslosigkeit oder Höhe des Bruttoinlandsproduktes lassen Regionen im Strukturwandel immer schlechter aussehen als andere“, sagte er. „Das trifft auf Berlin genauso zu wie auf ganz Ostdeutschland.“ Dieser Strukturwandel werde nicht über Nacht überwunden. Dafür sei Berlin aber in zukunftsträchtigen Wachstumsbranchen wie Medizin- und Verkehrstechnik, IT und Medien führend. „Berlin ist attraktiv für junge, gut ausgebildete Leute“, sagte Wolf.

Auch Christina Hufeland, Sprecherin der Wirtschaftsförderung Berlin International, will die schlechten Noten für die Hauptstadt nicht akzeptieren: „Berlin ist eine sehr lebenswerte Stadt, was in dem Ranking gar keine Rolle spielt.“ Auch im Hinblick auf die Nähe zu den neuen osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten sei Berlin ein gefragter Standort.

Das Städte-Ranking spiegelt ein starkes Ost-West-Gefälle wider. Mit Ausnahme von Dresden (Platz 30) landeten alle einbezogenen ostdeutschen Städte auf Schlussplätzen. Zudem gehören fast alle ostdeutschen Städte – wieder ist Dresden die einzige Ausnahme – zu den sich im Sinne des Rankings am wenigsten verändernden Städten. In einem älteren Bundesländer-Vergleich, der auf den Jahren 2001 bis 2003 basierte, war Berlin auf dem letzten Platz gelandet, Brandenburg schnitt mit Rang 14 ebenfalls schlecht ab.

Corinna Nohn

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