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Wirtschaft: Standpunkt: Eine Chance auch für öffentliche Universitäten

In Berlin soll eine private Elite-Hochschule entstehen. Geplant ist eine internationale Business School, die gleichermaßen der Ausbildung wie auch der Weiterbildung von Führungsnachwuchs dient.

In Berlin soll eine private Elite-Hochschule entstehen. Geplant ist eine internationale Business School, die gleichermaßen der Ausbildung wie auch der Weiterbildung von Führungsnachwuchs dient. Private Universitäten sind in Deutschland die Ausnahme. Sie sind gegründet worden, weil das staatliche Hochschulsystem zu schwerfällig erscheint und man sich von ihnen Impulse für die Ausbildung verspricht.

So wird auch bei der Berliner Initiative betont, die international tätigen Unternehmen beklagten seit langem das mittelmäßige Niveau deutscher Hochschulen, das den Anforderungen der Wirtschaft nicht genüge. Diejenigen, die über die Unzulänglichkeit des öffentlichen Hochschulwesens lamentieren, haben in aller Regel die Grundlagen für ihren Aufstieg und Erfolg an eben solchen Institutionen erworben. So schlecht können diese doch nicht gewesen sein, betrachtet man Karriere und Selbstbewußtsein der Protagonisten. Und weiter: Woher kommen die mit guten Kenntnissen ausgestatteten Berufsanfänger, auf deren Gewinnung die Unternehmen zu recht stolz sind, und die in der nationalen und internationalen Konkurrenz ihren Mann oder Frau stehen?

Dass es daneben Absolventen gibt, die nicht erfolgreich sind, stimmt auch. Dies hängt damit zusammen, dass unser Ausbildungssystem nicht den Bedingungen der Massenuniversität angepasst ist. Deshalb registrieren wir zu lange Studienzeiten (im Mittel 14 Semester) und ein Durchschnittsalter der Absolventen von 28 Jahren. Diese Befunde werden den staatlichen Hochschulen als Versäumnis und als Ergebnis ausgebliebener Reformen vorgeworfen. Theoretisch könnten die Universitäten eine ganze Menge verändern, praktisch sind sie wegen ihrer lähmenden Struktur und der sie strangulierenden staatlichen Regelungen gehindert, so effizient zu wirken, wie man sich das wünscht. Auf der einen Seite hat die so genannte Demokratisierung der Hochschulen dazu geführt, dass eine Vielzahl von Gremien an allem und jedem zu beteiligen sind; auf der anderen Seite werden sie am kurzen Zügel der Rechts- und Fachaufsicht durch das zuständige Ministerium gehalten.

Wenn angesichts einer solchen Situation Landesregierungen nichts anderes einfällt, als private Einrichtungen durch finanzielle Garantien zu unterstützen, leisten sie sich einen Umweg, auf dem sie andere Verhältnisse an den ihnen anvertrauten staatlichen Institutionen herbeiführen wollen. Es sind die staatlichen Hochschulgesetze, die den oben beschriebenen Zustand an den Hochschulen herbeigeregelt haben. Was liegt näher, als die Ursachen für festgestellte Mißstände zu beseitigen? Dazu fehlt es an Mut und Entschlossenheit. Wenn Motiv für die Gründung privater Hochschulen das erstarrte staatliche Hochschulwesen ist, kann es nur als zynisch bezeichnet werden, dass der Staat selbst private Initiativen unterstützt, anstatt eigene Fehler zu beseitigen.

Niemand wird grundsätzlich etwas gegen private Initiativen einwenden. Kritisch wird es, wenn deren Masse zu gering bleibt. Gebilde mit einigen hundert Studenten und einem oder zwei fachlich eng konzipierten Studiengängen "Universität" zu nennen, vermittelt einen falschen Eindruck und grenzt an Hochstapelei. Ebenso verhält es sich mit dem Begriff "privat". Vollmundig wird meist zunächst verkündet, dass man eine staatliche Finanzierung ablehne; kaum ist die Gründungsphase verstrichen, liegt die Forderung nach (Mit-)Finanzierung durch das Land auf dem Tisch. Die politisch Verantwortlichen werden - entgegen vorheriger anders lautender Erklärungen - weich und räumen staatliche Zuschüsse ein. So geschehen unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Eine der wenigen löblichen Ausnahmen stellt die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz dar. Ferner wird behauptet, man finanziere sich durch Beiträge der Studenten. Beim genauen Hinsehen machen Studiengebühren in den meis-ten Fällen höchstens fünf Prozent des Gesamtetats aus. Die Inanspruchnahme vom Land besoldeter und an staatlichen Hochschulen tätiger Lehrkräfte ist solange nicht zu beanstanden, als nicht der Eindruck erweckt wird, im privaten Bereich sei die Lehre vorbildlich, im staatlichen hingegen - bei identischen Professoren - mittelmäßig bis schlecht.

Wenn das Berliner Vorhaben die Geburtsfehler der anderen so genannten privaten Gründungen vermeidet, verdient es Unterstützung. Andernfalls: siehe oben.

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