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Start ups sind wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit. Das Bild zeigt Mitarbeiter von Fab.com in Berlin.

© Jens Kalaene/dpa

Start ups: Boomender Arbeitsmarkt – weniger Gründer

Die positive wirtschaftliche Entwicklung hat auch Nachteile – dabei wären mehr Start ups für die Digitalisierung wichtig.

Die gute Lage am Arbeitsmarkt und die Rekordzahlen bei der Beschäftigung drücken das Gründungsgeschehen in Deutschland auf einen Tiefstand. Die staatliche Förderbank KfW registrierte im vergangenen Jahr nur noch 672 000 neue Unternehmen, 91 000 weniger als ein Jahr zuvor. Zum Vergleich: 2003 auf dem Höchststand hatten fast 1,5 Millionen Menschen in Deutschland den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt. „Mit nur 672.000 Gründern können wir nicht zufrieden sein“, sagt KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. Um Gründungen wieder stärker nach vorne zu bringen, rät er, viel stärker als bislang das Thema Unternehmertum in den Schulen zu behandeln, die Zuwanderung qualifizierter Personen zu fördern, weil sie oft den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Schließlich könnten Unternehmen Beschäftigte bei Ausgründungen intensiver begleiten als bislang.

Bei der Vorlage des Gründungsmonitors 2017 zog Zeuner am Dienstag in Frankfurt ein zwiespältiges Fazit. „Der Beschäftigungsrekord hat eine unerfreuliche Nebenwirkung. Es gibt so wenige Gründer wie nie.“ Immerhin aber sei die Qualität der Neugründungen gestiegen. Grund: Noch nie habe es mit 166.000 so wenige Notgründer gegeben, die aufgrund eines verlorenen Arbeitsplatzes oder erfolgloser Suche den Schritt in die Selbstständigkeit gegangen sind, weil sie keine Alternative hatten. Generell aber sei der seit 2014 anhaltende rückläufige Trend bei Neugründungen mit Sorge zu betrachten. „Denn fehlen heute die Gründer, leidet morgen die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft.“ Wünschenswert zur Erneuerung der Volkswirtschaft seien vor allem sogenannte Chancengründer, die häufiger Marktneuheiten an den Start brächten.

Talsohle erreicht?

Zeuner hofft, dass in diesem Jahr die Talsohle im Gründungsgeschehen erreicht wird, weil die Chance einen Arbeitsplatz zu finden angesichts der höchsten Beschäftigungsquote seit der Wiedervereinigung möglicherweise etwas geringer ist. Immer wichtiger wird bei Neugründungen die Digitalisierung. Jeder fünfte Gründer nutzte 2016 digitale Techniken. „Eine einmal produzierte App kann sowohl an einen als auch an 100 000 Kunden verkauft werden“, sagt Zeuner. „Das bietet eine große Chance auf schnelleres Wachstum.“

Ein Kopf an Kopf Rennen liefern sich Hamburg und Berlin um den Titel der Gründer-Zentren in Deutschland. Im Durchschnitt der Jahre 2014 bis 2016 stand erstmals die Elbe-Stadt mit 253 Gründungen pro 10 000 Personen an der Spitze. Berlin brachte es auf 238. In Bayern waren es 158, in Sachsen 147 und in Baden-Württemberg 131. Generell dominieren bei den Neugründungen Dienstleister wie etwa Beratungs- oder Designer-Firmen, Physiotherapiepraxen, Frisörsalons oder Gastronomiebetriebe. Dabei streben mehr Gründer als in der Vergangenheit Zeuner zufolge ein größeres Wachstum an. Das gelte für jeden sechsten Gründer. Befördert werde dies durch die Digitalisierung und Innovationen.

Rund zwei Drittel der Gründer sind auf externe Geldquellen angewiesen. Das ist in der Regel ein Bankkredit, in vielen Fällen ermöglichen aber auch Geldspritzen von Verwandten und Freunden den Start in die Selbstständigkeit. Sechs Prozent der Gründer geben aber auch an, dass ihnen zumindest ein Mal ein Bankkredit verweigert wurde. Und 16 Prozent sprechen generell von Finanzierungsschwierigkeiten.

Auch der neue Gründungsmonitor zeigt, dass die ersten Jahre für die neuen Unternehmen am schwierigsten sind. „Innerhalb von drei Jahren brechen gut 30 Prozent der Gründer wieder ab“, sagt Zeuner. Die Überlebenswahrscheinlichkeit sei allerdings höher, wenn mehr Kapital vorhanden ist. Bei einem Kapitaleinsatz von mehr als 25 000 Euro scheitern nach drei Jahren nur 13 Prozent der Gründer.

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