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Wirtschaft: Steiff verlässt den Schmusekurs

Stofftierhersteller feuert seine Geschäftsführer

Düsseldorf - Das Jahr 2005 hätte für den legendären Stofftierhersteller Steiff zum Festjahr werden sollen. Mit viel Pomp wollte man das 125-jährige Bestehen der Firma feiern, die nach eigenem Bekunden den Teddybären erfunden hat. Doch zur Zeit geht es im Reich der Plüschtiere alles andere als kuschelig zu: Steiff warf seine beiden Geschäftsführer raus. „Friedhelm Brandau und Uwe Kleinow sind mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden worden“, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens aus dem baden-württembergischen Örtchen Giengen an der Brenz.

Hinter der Entscheidung steht vor allem der Geschäftsführer der Steiff Beteiligungsgesellschaft, Richard Hussmanns. Er will die Geschäfte der Spielzeugsparte, der Margarete Steiff GmbH, selbst führen – zusammen mit dem bisherigen Verwaltungschef Werner Maier. Als Grund für die Entlassung von Brandau und Kleinow nennt Hussmanns „unterschiedliche Auffassungen über die Umsetzung der neuen Unternehmensstrategie“.

Diese neue Strategie hatten Hussmanns und die beiden Geschäftsführer Anfang 2004 beschlossen: Sie wollten sich stärker um den Baby- und Kindermarkt kümmern, nachdem sich das Unternehmen jahrelang auf erwachsene Sammler konzentriert hatte, die bereit waren, mehrere hundert Euro in ein Stofftier zu investieren. Das so genannte Klassik-Segment für Sammler machte zeitweise 40 Prozent des Umsatzes aus.

Anlass für die Neuorientierung in Richtung Kinder war die Firmenkrise im Jahr 2003, als der Umsatz der Steiff-Gruppe, zu der auch eine Ventilfabrik sowie eine inzwischen verkaufte Sparte für Automatisierungstechnik gehörten, um fast 18 Prozent auf gut 87 Millionen Euro einbrach. Mit der neuen Strategie sollten pünktlich zum Jubiläumsjahr 2005 bessere Ergebnisse präsentiert werden.

Dazu führte Steiff die neue, in Asien gefertigte Produktlinie „cosy friends“ ein. Das sind Stofftiere für Kinder, etwas moderner, etwas plüschiger und vor allem billiger als die Klassiker. Während der cosy-friends-Bär Bobby schon für 29 Euro zu haben ist, fängt das Klassiker-Sortiment bei 59 Euro an, viele Sammler-Bären kosten mehrere hundert Euro.

Doch jüngst gab es neue schlechte Nachrichten: Zwar war der Umsatz 2004 leicht gestiegen, im ersten Halbjahr 2005 aber wieder zurückgegangen. Auch der 2004 auf 1,8 Millionen Euro zusammengeschmolzene Gewinn soll im laufenden Jahr weiter sinken. Deshalb hatte das rund 1200 Mitarbeiter zählende Unternehmen schon im Frühjahr 50 Stellen gestrichen.

„Wir haben die Ergebnisse überprüft und festgestellt, dass unsere Strategie nicht so umgesetzt wurde wie erwartet“, sagt Geschäftsführer Hussmanns. Im Klartext: Von den neuen Kinderteddys wurden zwar relativ viele verkauft, doch die Rendite fiel offenbar zu gering aus. Hinzu kommt, dass der in den 90er Jahren stetig wachsende Sammlermarkt geschrumpft ist. Probleme macht dem Unternehmen vor allem die mittlere Preisklasse. „Die günstigen Produkte verkaufen sich gut, die teuren auch“, sagt eine Sprecherin. „Im Segment zwischen 200 und 400 Euro ist es schwieriger.“

Obwohl Steiff einen großen Teil seiner Plüschtiere und Spielzeuge im Ausland verkauft, bekommt das Unternehmen die deutsche Konsumflaute zu spüren. Der Markt ist seit Jahren rückläufig. 2004 sank der Umsatz dem Marktforschungsinstitut Eurotoys zufolge um zwei Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. Hauptproblem: die schrumpfende Zielgruppe. „Innerhalb von 15 Jahren hat sich die Zahl der Kinder fast halbiert“, erklärt Werner Nostheide, der Spielwaren-Fachzeitschriften und einen Branchenbrief herausgibt.

Hinzu kämen oft Strukturprobleme in den Familienbetrieben, wo die Geschäftsleitungen unter immer stärkerem Druck der Gesellschafter stünden. „Die haben es nicht leicht“, sagt Nostheide. Er hält es auch für problematisch, wenn sich Markenartikler nur auf den Kindermarkt fokussieren. Hier sei die Konkurrenz der Billigimporteure zu groß.

Trotzdem hat Steiff das Jubiläumsjahr 2005 kräftig gefeiert. Ende Juni eröffnete ein Firmenmuseum am Standort in Giengen. Bis zur vergangenen Woche war im Berliner KaDeWe eine Sonderausstellung der Teddys zu sehen. Sogar Schauspielerin Heike Makatsch trug ihren Teil zum Jubiläumskult bei: Sie mimte im Juni die gelähmte Firmengründerin Margarete Steiff vor der Kamera. Der Film soll im kommenden Jahr in der ARD gezeigt werden. Bis dahin, so hofft man bei Steiff, werden sich auch die Wogen im Unternehmen wieder geglättet haben.

Stefan Kaiser

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