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Wirtschaft: Steinbrück bremst Bau von Solaranlagen

50 000 Hausbesitzer müssen auf die staatliche Förderung warten / Unternehmen klagen über Umsatzausfälle

Berlin - Eigenheimbesitzer, die ihren Energieverbrauch mit einer Solaranlage reduzieren möchten, haben in diesen Tagen schlechte Karten. Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) stapeln sich mehr als 50 000 Förderanträge, die nicht bearbeitet werden. Der Grund: Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will die im Haushalt vorgesehenen Mittel nicht freigeben. Die betroffenen Solarunternehmen klagen bereits über Umsatzausfälle, der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) fürchtet für die Branche sogar Verluste von bis zu einer Milliarde Euro.

Eigentlich hat in Deutschland jeder, der auf seinem Hausdach Solarkollektoren errichtet, Anspruch auf staatliche Förderung. Bei Anlagen zur Warmwasserbereitung gibt es 105 Euro pro Quadratmeter, bei kombinierten Anlagen für Warmwasser und Raumwärme sind es sogar 135 Euro. Für die meisten Hausbesitzer stellt diese Beihilfe den entscheidenden Anreiz dar; denn ohne sie kann die Solarwärme noch nicht mit Heizöl oder Erdgas konkurrieren. Für die Bearbeitung der Förderanträge ist das Bafa zuständig – doch seit letztem November erteilt es keine Zusagen mehr.

„Anträge können nach wie vor gestellt werden“, heißt es beim Bafa. Allerdings dürfe man derzeit nicht mit einer Bewilligung rechnen. Stattdessen gebe es zunächst einmal „eine Eingangsbestätigung und zu gegebener Zeit dann eine Nachricht über die Entscheidung, sobald die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen für das Jahr 2006 geschaffen sind“.

Mit anderen Worten: Ohne das Okay des Finanzministers geht gar nichts. Doch der stellt sich momentan stur. Weil der Bundeshaushalt 2006 noch nicht verabschiedet ist, blockiert Steinbrück die Zusage von Fördergeldern. In den Jahren zuvor war das noch anders. So wurden bisher zumindest Teile der Zuschüsse auf Grundlage des vorläufigen Haushalts freigegeben. Auch in diesem Jahr sind insgesamt 100 Millionen Euro für Solarkollektoren vorgesehen – aber eben noch nicht beschlossen.

Steinbrücks Parteikollege, Umweltminister Sigmar Gabriel, hat sich deshalb in den Fall eingeschaltet. In einem Brief an den Finanzminister fordert er, die bisherige Praxis der vorläufigen Bewilligung beizubehalten. Bisher gab es darauf jedoch keine Antwort.

Für Dietmar Deunert wird das Problem immer drängender. Seine Firma Deunert Haustechnik mit Sitz in Berlin installiert Solarwärmeanlagen. „Wir haben ein enormes Auftragsvolumen“, sagt er. „Aber wir können nicht loslegen.“ Zehn Mitarbeiter verbringen ihre Zeit nun damit, auf die Bafa-Bescheide zu warten. Der monatliche Umsatzverlust beläuft sich Deunert zufolge auf mindestens 60 000 Euro. „Lange geht das nicht mehr gut“, sagt er. Ursprünglich wollte er in diesem Jahr zwei neue Mitarbeiter einstellen. Daraus wird nun nichts.

Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft sieht es noch dramatischer. „Immer mehr Kunden drohen abzuspringen“, sagt er. Schließlich lasse sich der Einbau von Heizungen nicht beliebig verschieben. „Hunderte Handwerker stehen vor dem Aus“, warnt er.

Die großen börsennotierten Solarunternehmen wie Solarworld und Q-Cells sind dagegen nicht betroffen. Denn sie stellen ausschließlich Anlagen zur Stromgewinnung (Photovoltaik) her – und diese werden nicht mit Steuergeldern, sondern per Umlage von den Stromkunden finanziert. Ein vergleichbares Förderinstrument fordert Körnig deshalb auch für den Wärmemarkt. „Wir brauchen ein solares Wärmegesetz“, sagt er.

Derweil versucht das Bafa, verunsicherte Hausbesitzer zu beruhigen. Die Bürger könnten ja schon einmal mit ihren Baumaßnahmen beginnen – aber natürlich „auf eigenes finanzielles Risiko“.

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