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Stellenabbau: Stunden der Wahrheit bei Siemens

Nach zahlreichen Spekulationen und Drohgebärden wird beim Siemens-Konzern jetzt offiziell um die Details des Stellenabbaus gerungen. Am Montag informierte die Unternehmensführung den Wirtschaftsausschuss über erste Details der Sparpläne.

Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen verlief das mit Spannung erwartete Treffen konstruktiv. Siemens will weltweit mehr als 17 000 Arbeitsplätze streichen. Bei Gesamtbetriebsrat und IG Metall stießen die Pläne auf heftige Kritik.

Seit Bekanntwerden der Pläne hängt bei Siemens der Haussegen schief. Viele Arbeitnehmervertreter wurden vor allem vom Ausmaß des Stellenabbaus vollkommen überrascht. Unmittelbar vor Beginn der Sitzung übergab am Montag eine Delegation von 22 Betriebsräten dem Personalvorstand Siegfried Russwurm eine Resolution, in der der Stellenabbau scharf kritisiert wird. „Wir haben Sorge um Siemens als integrierten Technologiekonzern, wenn diese Pläne umgesetzt werden“, sagte Michael Leppek von der IG Metall im Anschluss daran dem „Handelsblatt“. Man müsse jetzt gemeinsam nach Alternativen suchen. Auch der Gesamtbetriebsrat ließ noch einmal die Säbel rasseln. „Ein Arbeitskampf ist möglich“, sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats Ralf Heckmann.

Mit dem Sparprogramm will Siemens- Chef Peter Löscher vor allem die Vertriebs- und Verwaltungskosten deutlich senken. Die Ausgaben sollen um 1,2 Milliarden Euro gedrückt werden – das sind zehn Prozent. Die Vertriebs- und Verwaltungskosten sind bei Siemens teils doppelt so hoch wie bei der internationalen Konkurrenz. Daher sollen hier mehr als 12 000 Stellen gestrichen werden. Weitere Arbeitsplätze sollen unter anderem in der renditeschwachen Verkehrstechnik und in der Gesundheitssparte wegfallen. Auch Berlin, der größte Produktionsstandort von Siemens, wird davon betroffen sein: Hier arbeiten etwa 1000 Mitarbeiter in der Verkehrstechnik, in der Gesundheitssparte sind es dagegen nur 43.

Gesamtbetriebsrat und Siemens-Vorstand hatten in den vergangenen Tagen ihre Gesprächsbereitschaft betont. Im Wirtschaftsausschuss gab es dem Vernehmen nach zwar zahlreiche Detailfragen. Entscheidungen werden von dem Gremium aber nicht getroffen, formal ist das Treffen eine reine Informationsveranstaltung. Es sei dann Aufgabe des Gesamtbetriebsrats zu entscheiden, mit welchen Mitteln er den Konflikt austrage, sagte Siemens-Aufsichtsrat Dieter Scheitor von der IG Metall. „Er könnte beispielsweise die Verhandlungen sehr erschweren und zeitlich in die Länge ziehen. Das würde dem Unternehmen sehr weh tun.“ Die Sitzung des Wirtschaftsausschusses soll am heutigen Dienstag fortgesetzt werden, im Anschluss will sich Löscher auf einer Pressekonferenz äußern.

An verschiedenen Siemens-Standorten sind zudem Betriebsversammlungen geplant. Am stärksten von den Streichplänen betroffen ist Erlangen, das als Herz von Siemens gilt. Hier sollen mehr als 1300 Stellen gestrichen werden, in Berlin sind 340 Arbeitsplätze betroffen. In ganz Deutschland sollen bis zum Jahr 2010 rund 6400 der insgesamt 130 000 Arbeitsplätze wegfallen.

Während sich der Widerstand auf der Arbeitnehmerseite formiert, hoffen Analysten, dass der Konzern keine Abstriche bei seinen Plänen macht. Der Abbau von bis zu 18 000 Arbeitsplätzen sei eine „sinnvolle erste Maßnahme“, schrieben die Experten von Dresdner Kleinwort. Auf diesem Weg könnten die Personalkosten um rund 920 Millionen Euro gesenkt werden. ax (HB)/vis

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