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Wirtschaft: Stellenabbau trotz hoher Profite

Auch Siemens, Allianz, Telekom, Schering und weitere Unternehmen streichen Jobs / Rürup: Kein Anlass für staatliche Vorgaben

Berlin – Was bei der Deutschen Bank für öffentliche Empörung gesorgt hat, ist bei den größten börsennotierten Unternehmen Deutschlands weit verbreitet. Wie eine Umfrage des Tagesspiegel ergab, plant eine Reihe der im Deutschen Aktienindex zusammengefassten 30 Unternehmen Stellenabbau trotz steigender Gewinne. Diese Strategie haben viele DaxUnternehmen auch bereits im vergangenen Jahr angewandt.

Die Allianz-Gruppe etwa verdiente 2004 mehr als dreimal so viel wie im Vorjahr, während die Mitarbeiterzahl um fast 17 Prozent sank. Auch RWE erzielte einen mehr als doppelt so hohen Gewinn, reduzierte die Beschäftigten aber um über ein Fünftel – allerdings auch durch Beteiligungsverkäufe. Bei Schering fielen zehn Prozent mehr Gewinn an, die Zahl der Mitarbeiter sank um knapp vier Prozent. Henkel verdiente zehn Prozent mehr, die Stellenzahl sank um fünf Prozent.

Bei der Deutschen Telekom sprudeln ebenfalls die Gewinne, die Beschäfigtenzahl bleibt im Vergleich der beiden Jahre nahezu konstant. Erst auf den zweiten Blick wird eine ähnliche Strategie wie bei der Deutschen Bank deutlich: Das Unternehmen will in den Jahren 2006 und 2007 jeweils 10 000 Arbeitsplätze abbauen, hieß es Ende Dezember in Branchenkreisen. Gleichzeitig plant das Unternehmen nach Informationen des Wirtschaftsmagazins „Capital“, 2006 mit 7,9 Milliarden Euro den höchsten Jahresüberschuss zu erzielen, den je ein deutsches Unternehmen erwirtschaftet hat. Gegenüber 2004 wäre das mehr als eine Verdoppelung.

Anders als die Deutsche Bank entzerrte Siemens die gute und die schlechte Nachricht: Ende Januar verkündete der Konzern ein Gewinnplus von mehr als einem Drittel, kündigte aber erst einen Tag später den Abbau von 1250 Stellen in der angeschlagenen Kommunikationssparte an. Auch bei der IT-Tochter Siemens Business Systems sollen in den nächsten Monaten 1000 Stellen gestrichen werden.

Anders verhalten sich BMW und SAP. Der Münchner Autokonzern erzielte im vergangenen Jahr den höchsten Gewinn der Unternehmensgeschichte und stellte seit dem Herbst über 2000 Mitarbeiter zusätzlich ein. Auch der Software-Konzern SAP will nach einem erfolgreichen Geschäftsjahr 2004 in diesem Jahr 3000 neue Jobs schaffen – allerdings nur rund 600 in Deutschland.

Bert Rürup, der neue Chef der Wirtschaftsweisen, sieht trotz der Empörung über die Stellenabbaupläne gut verdienender Unternehmen keinen Anlass für staatliche Vorgaben. „Es gibt keine formale Verantwortung der Unternehmen, die Unternehmensleitungen sind in erster Linie den Anteilseignern verpflichtet. Man kann an das Mangement appellieren, möglichst beschäftigungsfreundlich zu handeln. Aber staatliche Direktiven wären verfehlt,“ sagte der Regierungsberater dem Tagesspiegel.

Als erstes Mitglied der Bundesregierung hatte Wirtschaftsminister Wolfgang Clement am Wochenende in einem Tagesspiegel-Interview mehr soziale und patriotische Verantwortung der Unternehmen angemahnt. Auch der neue BDI-Präsident Jürgen Thumann schlug ähnliche Töne an. Jeder Unternehmschef sei gefordert, „soziale Verantwortung den Belegschaften gegenüber zu zeigen, auch der Gesellschaft gegenüber“, sagte er in der ARD.

Regierungssprecher Bela Anda wollte sich auch am Montag nicht zu der Debatte äußern. Entzündet hatte sich die Debatte an der Deutschen Bank, die trotz eines Milliardengewinns 6400 Stellen – 2000 in Deutschland – streicht, um noch höhere Renditen zu erzielen und im globalen Ranking aufzurücken. Tsp

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