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Steuer-Affäre: Liechtenstein ist out – Hongkong ist in

Hong Kong, Dubai, Cayman Islands - oder doch die Selbstanzeige? Steuerflüchtlinge wollen derzeit möglichst weit weg. Die Frage ist: Wo sind sie noch sicher?

Berlin - In Deutschlands Steuerkanzleien herrscht Hochbetrieb: „Bei uns ist der Teufel los“, sagt einer, zu dessen Mandanten auch Steuerbürger gehören, die einen Teil ihres Vermögens am deutschen Fiskus vorbei in Liechtenstein angelegt haben. Aufgeschreckt durch die ersten Fahndungserfolge der Bochumer Staatsanwalt nehmen viele Steuerhinterzieher derzeit Zuflucht zur Selbstanzeige. Doch das, was als goldene Brücke zurück in die Steuerehrlichkeit gepriesen wird, ist ein Rennen gegen die Zeit.

„Wenn der Fahnder vor der Tür steht, ist es bereits zu spät“, weiß Franz Bielefeld, Steueranwalt in der Münchner Kanzlei RP Richter & Partner. Ist die Tat entdeckt, kann man sich nicht mehr über eine Selbstanzeige reinwaschen. Nach Meinung der Staatsanwaltschaft Bochum, die in den Liechtensteiner Fällen ermittelt, ist eine Selbstanzeige schon jetzt nicht mehr möglich, weil die Staatsanwälte die Namen der Hinterzieher kennen. Das hindert das Bundesfinanzministerium aber nicht daran, weiter zur Selbstanzeige aufzufordern und mit Straffreiheit zu locken.

Ob eine Selbstanzeige sinnvoll ist, muss man von Fall zu Fall entscheiden, rät Carsten Tiemer von der Berliner Kanzlei Harms-Ziegler. Denn um in den Genuss der Strafbefreiung zu kommen, muss man seine Steuern richtig und vollständig nachdeklarieren. Oft fehlen aber die Unterlagen, und es muss geschätzt werden. „Mehr als 15 Prozent Fehlschätzung zu Gunsten des Selbstanzeigenden lassen die Strafbefreiung entfallen“, warnt Tiemer.

Nervös werden derzeit nicht nur die, die ihr Geld nach Liechtenstein geschafft haben. Auch wer Kapital nach Luxemburg, Österreich oder in die Schweiz gebracht hat, ohne die Kapitalerträge mit dem Fiskus zu teilen, wird jetzt unruhig, berichten Experten. Denn selbst wenn die Banken in Luxemburg oder in der Schweiz dichthalten, sind auch in diesen Ländern Anleger nicht davor gefeit, dass Bankmitarbeiter ihre Arbeitgeber erpressen und damit drohen, andernfalls den deutschen Behörden brisante Daten zuzuspielen.

Auf offiziellem Wege kommen die deutschen Fahnder dagegen kaum weiter. Liechtenstein, Luxemburg und die Schweiz leisten keine Rechts- und Amtshilfe, wenn es um Fälle von einfacher Steuerhinterziehung geht. In Österreich ist das anders: „Auch bei einfacher Steuerhinterziehung geben die Banken Auskunft“, weiß Steuerexperte Bielefeld.

Glaubt man Branchenkennern, bringen Steuerhinterzieher heute ihr Geld ohnehin lieber in die Karibik oder nach Asien. Angesagte Ziele: Hongkong und Singapur. Dort sammelt sich Kapital aus aller Welt, nach den deutschen Steuergesetzen fragt niemand, und die Spur des hinterzogenes Geldes ist umso schwerer zu finden, je weiter die Fluchtwege sind.

Das Geld, das in Liechtenstein liegt, hat dagegen oft eine lange Geschichte. Nicht die Eliten von heute, sondern deren Eltern haben das Kapital dort vor Jahrzehnten versteckt, heißt es. Das Problem: Oft ist über die vergangenen 30, 40 Jahre ein hübsches Sümmchen zusammengekommen. Wer jetzt zur Selbstanzeige greift, muss daher einiges nachzahlen – die hinterzogenen Steuern plus sechs Prozent Zinsen pro Jahr. Kann man das nicht, scheidet eine strafbefreiende Selbstanzeige aus.

Hinzu kommen weitere Unsicherheiten: Darf die Staatsanwaltschaft Bochum das vom BND gekaufte Material benutzen? Und was ist mit Durchsuchungen, die auf Grundlage dieser Daten durchgeführt werden? Ob solche Beweise vor Gericht verwertbar sind, ist unter Juristen umstritten.

Zudem können Verdächtige noch aus einem anderen Grund pokern. Denn Beweise für die Steuerhinterziehung gibt es nur selten. Post, Kontoauszüge bleiben in Liechtenstein und werden nicht nach Deutschland geschickt. Hausdurchsuchungen bringen daher nur selten verwertbare Beweise ans Tageslicht. Dennoch entscheiden sich viele in diesen Tagen zur Selbstanzeige. Im Nervenkrieg haben die Fahnder zur Zeit Oberwasser. Heike Jahberg

Mehr über die Reichen in Deutschland lesen Sie auf Seite 22

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