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Wirtschaft: Steuerfahnder haben weiter gut zu tun

Die Ermittler sind professioneller, die Trefferquoten höher – doch automatisch kommt kein Steuersünder zurück

Frankfurt (Mai n). Als vor zwölf Monaten das Ende der D-Mark nahte, hatten vor allem die Zollbeamten an der Grenze zur Schweiz und nach Luxemburg viel zu tun. Bundesbürger, die stattliche Schwarzgeld-Beträge in Tresoren, unter dem Kopfkissen oder der Matratze gelagert hatten, und im Zuge der Euro-Einführung fürchten mussten, aufzufliegen, packten Tausender in Aktentaschen oder Koffer, um das Geld über die Grenze zu schaffen. Wer mehr als 30000 Mark dabei und auch noch Pech hatte, flog auf. „Das Bargeld im Koffer ist nach wie vor ein klassischer Weg“, sagt Dieter Ondracek, Vorsitzender der deutschen Steuergewerkschaft.

Die Banken selbst und auch der Bankenverband wollen sich nicht dazu äußern, auf welchen Wegen jährlich Milliardensummen ins Ausland geschafft werden. Dort ist man nach den Fahndungserfolgen und nach den Urteilen auch gegen Banker sehr vorsichtig geworden. Allein die Dresdner Bank musste wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung 1999 eine Geldbuße von damals 37 Millionen Mark zahlen. Jahrelang hatten Anleger auch mit Hilfe der Banken über verschlungene, anonymisierte Wege Gelder ins Ausland geschafft.

Rund 300 Milliarden Euro sollen deutsche Anleger derzeit jenseits der Grenze, in der Schweiz, in Luxemburg und in anderen Steueroasen gebunkert haben. Allein die Finanzbehörden in Hessen haben für 1999, 2000 und 2001 hinterzogene Steuern von zusammen fast 650 Millionen Euro festgesetzt. Anleger und wohl auch Banken hatten die Cleverness der 200 Fahnder unterschätzt. Weshalb sie Geldbußen und -strafen in Höhe von sieben Millionen Euro zahlen mussten. Im Schnitt bringt jeder Steuerfahnder pro Jahr einen Mehrerlös von etwa 600000 Euro.

Spätestens seit Mitte der 90er Jahre, als bei fast allen Banken Schwarzgeldgeschäfte aufflogen, sind die Steuerfahnder mit ausgefeilten Methoden bei der Arbeit. „Wir haben eine Menge herausgekriegt“, sagt der Frankfurter Staatsanwalt Job Tilmann. Millionen Belege, die bei den Banken beschlagnahmt wurden, wurden durchforstet. Datenbanken helfen jetzt, die Systeme zu knacken. So wurden auch anonymisierte Wege bei Überweisungen über Zwischenkonten aufgedeckt.

Trotz dieser professionellen Fahndungspraxis und der geplanten Amnestie für Steuersünder glaubt Dieter Ondracek nicht, dass die von der Bundesregierung ins Auge gefasste Abgeltungssteuer Beträge von bis zu 100 Milliarden Euro zurückbringt, wie Finanzminister Eichel hofft. „Das bringt höchstens zehn bis 20 Milliarden“, sagt der Chef der Steuergewerkschaft. Etwas mehr könnte es werden, wenn auch im Ausland Kontrollmitteilungen verlangt werden. „Automatisch jedenfalls kommt niemand zurück“, sagt Ondracek. Auch beim Bankenverband hält man die 100 Milliarden Euro für ein „ehrgeiziges“ Ziel. Die Steuerfahnder werden weiter genug zu tun haben. Auch Steuerschätzer sind skeptisch, ob die geplante Abgeltungssteuer zu Mehreinnahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden führen wird. „Es ist unmöglich, seriös zu schätzen, wie viel Schwarzgeld aus dem Ausland zurückfließen wird", sagte Alfred Boss vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. „Wer sei Geld im sicheren Ausland hat, den lockt diese Regelung sicher nicht zurück“, sagt Rüdiger Parsche vom Ifo-Institut Es gäbe allenfalls einige Menschen, die ihr Geld ohnehin zurück transferieren wollten. „Für die ist das Angebot ganz nett – aber das sind nur ein paar Milliarden Euro, keinesfalls aber 100 Milliarden Euro.“

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