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Wirtschaft: Steuergeld für Fischers Fritz

Die Bestände vieler Meerestiere sind bedroht – die Europäische Union und der Bund unterstützen die Fangflotten trotzdem

Berlin. Neben der Landwirtschaft gehört die Fischerei zu den Bereichen, die Staat und EU glauben, besonders überwachen zu müssen. Die Bestände vieler Fischarten sind begrenzt, viele sind schon wegen Überfischung bedenklich geschrumpft. Schuld daran sind allein die Fischer, die zu viele ihrer Außenbordskameraden zu Schlemmerfilets und Fischstäbchen verarbeitet haben. Trotzdem werden sie von der EU-Kommission und vom Bund dafür belohnt – indem sie Übergangshilfen bekommen, etwa wenn die EU wie jüngst im Frühjahr einen Fangstopp für Ostsee-Dorsch beschließt. Oder indem die Seeleute Hilfe bekommen, wenn sie überschüssige Kähne abwracken, ins außereuropäische Ausland verkaufen oder zum Touristenschipper umrüsten. Die Idee dahinter: Kreuzen weniger Schiffe über den Fischschwärmen, können sich die Bestände schneller erholen.

Doch zugleich sind viele Minister und Beamte Fischfans – und wollen ihren Bürgern den Genuss der leckeren Meeresbewohner nicht vorenthalten. Deshalb verteilen sie großzügig Geld, und deshalb bekommen die Schiffe der Fischereiflotte, die sich auf den Fang weniger bedrohter Arten spezialisiert haben, Unterstützung. „Bis auf die Niederlande zahlen alle EU-Länder Hilfsmittel an ihre Fischer“, sagt Gerd Conrad vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, das für die Fischereisubventionen zuständig ist. „Da kann die Bundesrepublik nicht nachstehen. Die Fischer kämpfen ungeachtet ihrer Nation auf denselben Märkten, teilweise sogar auf denselben Fangplätzen.“

Der Hauptteil des Geldes stammt aus einem Brüsseler Topf: Will ein Fischer Hilfe bei der Modernisierung seines Bootes, muss der Bund nur fünf Prozent der Investitionssumme tragen. Die EU übernimmt dann bis zu 35Prozent, nur für den Rest muss der Fischer aufkommen. Fehlt ihm das Geld, kann er es sich borgen – und bekommt dafür vom Bund besonders günstige Zinsen.

Besonders am Herzen liegen der EU strukturschwache Gebiete – dazu gehört das Küstenland Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb fließt ein beträchtlicher Teil der 3,7 Milliarden Euro, die die EU zwischen 2000 bis 2006 zur Verfügung stellt, dorthin. Obwohl so das Siechtum der Branche nur verlängert wird. „Das Durchschnittsalter der Schiffe liegt bei 25Jahren“, sagt Conrad. „Laut EU-Richtlinie müssten aber Fischereifahrzeuge, die älter als 30 Jahre sind , eigentlich ausgemustert werden.“

Subventionsland Deutschland – in dieser Serie berichtet der Tagesspiegel über die Wohltaten des Staates an Bürger und Firmen. Morgen: Wie die Eintrittspreise von Theatern und Museen künstlich niedrig gehalten werden.

Christian Backe

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