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Steuerhinterziehung: Paradiese für Steuersünder

Sechs Billionen Dollar Privatvermögen sind weltweit vor dem Fiskus versteckt, schätzen Finanzexperten. Und die Zahl wird weiter steigen.

Berlin - Die Inseln liegen südlich von Kuba, doch es ist nicht die traumhafte Lage im Karibischen Meer, die die Cayman Islands bei Investoren aus der ganzen Welt so attraktiv machen. Neben Palmen und Sonne bietet die Inselgruppe vor allem Steuerfreiheit. Keine Einkommensteuer, keine Erbschaftsteuer, keine Vermögensteuer werden fällig, wenn man sein Kapital hier andockt. Paradiesische Zustände.

Orte wie die Cayman Islands gibt es überall auf der Welt. 35 dieser so genannten Offshore-Finanzzentren nennt allein die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, siehe Grafik). Auf kleinen Archipelen und Inseln mit schönen Namen wie Niue, Samoa oder Barbados, oft in Südostasien oder der Karibik gelegen, aber auch in europäischen Oasen wie Liechtenstein, der Schweiz, Andorra oder den britischen Kanalinseln verstecken sich gigantische Vermögen.

Das Geschäft mit der Steuerflucht boomt. Auf sechs Billionen Dollar schätzt die Boston Consulting Group das versteckte Vermögen weltweit. Auch die OECD rechnet mit einer Größenordnung von fünf bis sieben Billionen Dollar. Das sind acht Prozent des global verwalteten Vermögens.

Gesamtsumme des versteckten Vermögens nimmt mit wachsender Zahl der Reichen zu

Der Bankenexperte Hans-Lothar Merten, Autor der Jahrbücher „Steueroasen“ und „Kapitalanlage in Steueroasen“, geht davon aus, dass die Gesamtsumme des versteckten Vermögens mit der wachsenden Zahl der Reichen sogar noch zunimmt. Er rechnet mit einem Plus von zehn bis 15 Prozent pro Jahr weltweit. „Es gibt immer mehr Millionäre auf der Welt, die global auf der Suche nach Steueroasen sind“, sagte Mertens dem Tagesspiegel. „Wenn das Geld einmal draußen ist, wird es schwer, es zu finden. Die Banken sind viel schneller als der Fiskus.“

Nach Ansicht des britischen Steuerfahnders und Finanzexperten Richard Murphy sind die westlichen Regierungen am Erfolg von Steueroasen selber Schuld. „Einige Staaten haben die Offshore-Finanzzentren für eigene Zwecke benutzt, das ist ein offenes Geheimnis“, sagte Murphy der „Zeit“. So habe die britische Regierung ihren abhängigen Territorialgebieten sogar vorgeschlagen, solche Finanzzentren als Einnahmequelle einzurichten. Wenn die Staatengemeinschaft es ernst meine, könne sie Steueroasen über Nacht schließen. Das sei bloß eine Frage des politischen Willens, sagte Murphy, der Mitbegründer der Nichtregierungsorganisation Tax Justice Network ist, die Informationen über Finanzoasen zusammenträgt.

Vor dem Hintergrund der deutschliechtensteinischen Steueraffäre hat die Bundesregierung die Einschränkung des Geschäftsverkehrs mit Steueroasen erwogen. Ein entsprechendes internes Papier gibt es laut „Frankfurter Rundschau“ im Bundesfinanzministerium. Das Ministerium äußerte sich am Mittwoch nicht dazu. Mögliche Maßnahmen zur Erschwerung des Geschäftsverkehrs wie Gebühren auf Transaktionen oder eine Quellensteuer könnten auf dem Märztreffen der OECD erörtert werden, heißt es dem Bericht zufolge.

Bankenexperte Merten gibt der Bundesregierung eine Mitschuld am Steuerbetrug. „Wenn wir ein vereinfachtes Steuersystem und niedrigere Steuersätze hätten, würde niemand auf die Idee kommen, sein Geld nach Liechtenstein zu bringen.“ Kritik übte er auch an der Reform der Erbschaftsteuer. „In der jetzigen Form gibt es keine Anreize, ererbtes Schwarzgeld nach Deutschland zurückzubringen.“ Erben müssten nicht nur die Steuer nachzahlen, sondern auch eine Strafe und die Verzinsung von sechs Prozent zahlen. „Sinnvoller wäre es gewesen, eine Pauschalsteuer einzuführen“, meint Merten.

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