zum Hauptinhalt
Vor allem die Bankentürme bilden die markante Skyline von Frankfurt.

© Arne Dedert/dpa

Update

Steueroasen: Oxfam kritisiert Banken für Gewinne in Niedrig-Steuer-Ländern

Einer Studie zufolge melden Steueroasen auffallend hohe Gewinne. Geldinstitute profitieren durch Tricks von extrem niedriger Besteuerung. Deutsche Bank und KfW weisen die Vorwürfe zurück.

Berlin/Frankfurt am Main - Die Deutsche Bank wehrt sich und sieht sich zu unrecht an den Pranger gestellt, ähnlich reagiert man bei der IPEX, dem Export- und Projektfinanzierer der staatlichen Förderbank KfW. Die Commerzbank lehnt einen Kommentar rundweg ab. Gegen alle drei Institute hat die Organisation Oxfam am Montag massive Vorwürfe erhoben. Zusammen mit 20 anderen Großbanken schleusten die Institute Hunderte Milliarden Euro in Steueroasen.

Zusammen mit dem von ihr initiierten Netzwerk Fair Finance Guide International hat Oxfam die Finanzflüsse der 20 größten Banken der EU ausgewertet und kommt zu einem dramatischen Befund: „Mit etwa 25 Milliarden Euro fällt mehr als ein Viertel des Gewinns untersuchten Banken in Steueroasen an.“ Dort erwirtschafteten die Geldhäuser aber nur zwölf Prozent ihres Umsatzes und beschäftigten nur sieben Prozent ihres Personals. „Sehr viel spricht dafür, dass Europas größte Banken ihre Gewinne auf Kosten der Allgemeinheit machen“, schreibt Oxfam-Steuerexperin Ellen Ehmke. So weise zum Beispiel die Deutsche Bank für 2015 weltweit Verluste von 6,1 Milliarden Euro aus, wolle aber ausgerechnet in der Steueroase Luxemburg mehr als eine Milliarde Euro verdient haben.

Leider haben die EU-Regierungen sich und ihre Bürger der globalen Wirtschaft ausgeliefert. Warum wundern wir uns jetzt darüber, dass die, die es können, ihre Chancen wahrnehmen? Hat tatsächlich jemand mit moralischer Integrität von global agierenden Unternehmen gerechnet?

schreibt NutzerIn Gophi

Bei der Deutschen Bank kann man die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Die Deutsche Bank weist grundsätzlich ihre Gewinne in den Ländern aus, in denen sie erwirtschaftet werden“, sagte Sprecher Christian Streckert dem Tagesspiegel. „Damit werden sie auch dort versteuert.“ Laut Oxfam hat die Bank in Irland 2015 einen Vorsteuer-Gewinn von neun Millionen Euro erzielt und eine Million Euro Steuern bezahlt. Im Luxemburg habe der Gewinn vor Steuern bei 1,17 Milliarden Euro gelegen, dafür seien 192 Millionen Euro an den Fiskus abgeführt worden. Streckert bestreitet diese Zahlen nicht. Luxemburg sei für die Bank schon seit 1970 ein wichtiger Standort für das Fondsgeschäft. „Und je nach Art der Geschäfte können generell unterschiedliche Erträge je Mitarbeiter anfallen.“ In Luxemburg hatte die Bank 2015 rund 600 Mitarbeiter.

Oxfam schreibt mit Blick auf die wenigen Mitarbeiter in den Steueroasen, die Institute erweckten den Eindruck, als seien diese dort besonders produktiv. Vorgerechnet wird, dass der Gewinn pro Angestelltem und Jahr an den entsprechenden Standorten vier Mal so hoch ist (171 000 Euro) wie anderswo. „Mindestens 628 Millionen Euro Gewinn wurden in Steueroasen verzeichnet, in den die Banken erst gar keine Beschäftigten haben.“ Aus dem Bericht geht hervor, dass 29 Prozent der in Steueroasen gemeldeten Gewinne allein in Luxemburg und Irland anfallen.

Die in dem Bericht gezogenen Schlüsse zur Deutschen Bank seien generell nicht zutreffend, erklärte das größte deutsche Geldhaus. „2015 hat der Deutsche Bank Konzern trotz eines Verlustes von rund 6,1 Milliarden Euro einen Steueraufwand von 675 Millionen Euro ausgewiesen“, ergänzte Streckert. Die Bank, ist aus der Zentrale zu hören, verschiebe generell keine Gewinne in Steueroasen.

Kein Cent Steuern auf 383 Millionen Euro Gewinn

Mit Blick auf die Commerzbank nennt der Bericht Zahlen nur für Luxemburg. Bei einem Vorsteuer-Gewinn von 220 Millionen Euro 2015 seien dort 62 Millionen Euro an den Fiskus geflossen. Daneben erwähnt Oxfam, dass die Commerzbank ihre Private Banking-Sparte in der Schweiz bereits 2009 geschlossen habe und der Standort mit Blick auf große Vermögen und das Bankgeheimnis an Bedeutung verliere. Auch bei der KfW und der IPEX kann man die Vorwürfe nicht nachvollziehen. „Die IPEX hat ihren Sitz in Frankfurt und versteuert dort auch anfallende Gewinne. Das gilt auch für die IPEX-Niederlassungen in London und in Brasilien. Steuern auf mögliche Gewinne werden jeweils vor Ort abgeführt“, sagt Sprecher Wolfram Schweickhardt.

Dem Oxfam-Bericht zufolge haben die Banken auf Erträge in Höhe von 383 Millionen Euro „keinen einzigen Cent Steuern gezahlt“. Die Ermittlung konkreter Zahlen war Oxfam möglich, weil die Banken seit einem EU-Beschluss von 2013 zur Transparenz verpflichtet sind.

Der Finanzausschuss des Bundestages beschäftigte sich am Montag mit dem geplanten Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung. Anlass für die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) waren Enthüllungen der „Panama-Papers“ vor rund einem Jahr. Dabei ging es um Briefkastengeschäfte in dem zentralamerikanischen Land. Kritiker bemängeln, dass sich das Gesetz vor allem gegen die Verschiebung von Geld in außereuropäische Steueroasen richten soll – nicht aber gegen Ziele innerhalb Europas.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false