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Peter Ackermann (71) hat sein Geld als Anwalt und Unternehmer verdient. Jetzt unterstützt er Kinder und Jugendliche.

© promo

Stifter Peter Ackermann: "Nicht nur Sonntagsreden"

Der Berliner Stifter Peter Ackermann über die Kreuzberger Kinderstiftung und Bildungsgerechtigkeit in Deutschland.

Herr Ackermann, Sie haben vor sechs Jahren drei Millionen Euro in die Hand genommen und die Kreuzberger Kinderstiftung gegründet. Das Geld könnte man anders investieren – Kunst, eine Villa in Südfrankreich, in Aktien...

...oder eben in eine Stiftung.

Warum ausgerechnet eine Stiftung?

Dafür gibt es sicher viele Gründe. Ein wichtiger ist die an uns alle gerichtete Aufforderung in Artikel 14, Absatz 2 unseres Grundgesetzes, in dem es heißt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Allgemeinwohl dienen.“

Das klingt gut, aber als Erklärung auch ein bisschen spröde.

Warum? Ich meine das genau so. Jedem, den die Gesellschaft begünstigt hat, steht es gut an, davon etwas zurückzugeben. Und ich zähle mich zu den Begünstigten. Wer oder was hat mich denn in die Lage versetzt, erfolgreich zu sein? Das waren doch nicht meine grauen Zellen. Das war diese Gesellschaft, in der ich aufgewachsen bin und in der ich arbeiten konnte. Und die bekommt etwas zurück.

Die Kreuzberger Kinderstiftung fördert die Bildung, setzt sich für Chancengleichheit ein. Sie finanzieren Realschülern Stipendien für einen einjährigen Auslandsaufenthalt. Warum widmen Sie sich Kindern und deren Bildung?

Auch das hat mit meiner Vergangenheit zu tun. Ich war selbst im Alter von 15 Jahren als Austauschschüler in den USA. Hätte meine Mutter auch nur ein paar Mark aus ihrer eigenen Tasche dafür bezahlen müssen – ich hätte niemals losfahren können. Ich konnte die Reise nur antreten, weil ich ein Stipendium hatte. Aber das ist nur ein Grund, der den Stiftungszweck erklärt. Ich bin überhaupt der Meinung, dass es enorm wichtig ist, konkret und nicht nur in Sonntagsreden etwas für die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland zu tun.

Ihre Stiftung hat kürzlich den Feri-Stiftungspreis erhalten. Sie konnten sich gegen rund 180 Konkurrenten durchsetzen. Der Preis wird an besonders innovative Stiftungskonzepte verliehen. Was ist an der Kreuzberger Kinderstiftung so innovativ?

Dass wir Realschülern aus Berlin und den ostdeutschen Bundesländern einen Auslandsaufenthalt ermöglichen. Für Gymnasiasten werden derartige Stipendien schon lange vergeben. Für Haupt- und Mittelschüler dagegen: Fehlanzeige. Wenn man es aber dieser Gruppe nicht auch ermöglicht, interkulturelle Kompetenzen zu erwerben, werden sie die Chancen nicht nutzen können, die das internationale Potenzial des exportorientierten Deutschland ihnen bietet.

In letzter Zeit werden viele Stiftungen mit einem recht geringen Kapital gegründet, mit 100 000 Euro oder noch weniger. Sie haben hingegen immer wieder weiteres Geld in Ihre Stiftung gesteckt. Etwa fünf Millionen Euro beträgt derzeit die Bilanzsumme. Warum ist Ihre Stiftung so groß?

Je besser eine Stiftung ausgestattet ist, desto mehr kann sie bewirken. Wir geben nächstes Jahr etwa 400 000 Euro für verschiedene Stiftungsaufgaben aus. Das könnten wir nicht, wenn wir keinen Zugang zu Finanzmitteln hätten, mit denen wir das Umlaufvermögen dotieren.

Und das reicht Ihnen noch immer nicht?

Nein. Denn ich habe ein Ziel. Ich bin 71 Jahre alt, aber es wäre doch schön, wenn ich noch erleben könnte, dass pro Jahr 1000 Realschüler ins Ausland fahren. Nur: Selbst wenn nicht alle ein Stipendium benötigen, würde dies einem Finanzaufwand entsprechen, der unseren Rahmen sprengt. Das würde fast jede Stiftung überfordern. Daher wäre es mir am liebsten, wir würden mit einer anderen Stiftung kooperieren oder fusionieren, um stärker zu werden. Oder es kommt ein reicher Mensch vorbei, der sagt: „Was ihr macht, ist gut. Ich komme dazu und bringe fünf Millionen Euro mit.“

Bisher ist niemand gekommen?

Bisher nicht. Deshalb gehen wir jetzt erst einmal einen anderen Weg. Wir bieten Unternehmen an, ein Schülerstipendium zu finanzieren. Wir denken dabei an Firmen, die in der Region, beziehungsweise in der Stadt ansässig sind, aus der auch unser Stipendiat kommt. So entsteht Identifikation und vielleicht auch eine Bindung, die beiden später nützen kann.

Das Interview führte Sabine Hölper

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