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Die Masse macht’s. Lebensversicherungen gehören noch immer zu den beliebtesten Geldanlagen der Deutschen. Foto: dpa

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Stille Reserven: Neuer Streit um Versicherungsmilliarden

Nach dem Konflikt um die Beteiligung der Kunden an den stillen Reserven geht es jetzt um die Rücklagen der Branche.

Nach dem Streit um die Beteiligung der Kunden an Bewertungsreserven zeichnet sich nun der nächste Streit zwischen Verbraucherschützern und der Versicherungsbranche ab. Stein des Anstoßes ist die geplante Neuregelung von Rücklagen. Für diese soll es einen neuen Topf geben, in dem die Lebensversicherer Milliarden Euro parken können. „Wer ausscheidet, sieht von diesem Geld nichts“, fürchtet Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten. „Wir reden über richtig viel Geld.“

Schon heute haben die Lebensversicherer die Möglichkeit, einen Teil der Erträge, die die Kapitalanlagen abwerfen, nicht den einzelnen Versicherungsverträgen gut zu schreiben, sondern zu parken. Ziel ist, in ertragsschwachen Zeiten einen Teil dieser Puffer aufzulösen und den Versicherungskunden zugute kommen zu lassen. Damit soll verhindert werden, dass es allzu große Schwankungen in der Verzinsung der Verträge gibt. Künftig sollen die Versicherer zusätzlich zu den Töpfen, die es heute schon gibt, einen weiteren, noch flexibleren Puffer anlegen dürfen. Das Bundesfinanzministerium arbeitet an einer entsprechenden Verordnung, die Einzelheiten regeln soll.

Die Versicherungsbranche unterstützt den Plan, der vor allem neueren Verträgen zugute kommen dürfte. Denn von der bisherigen Regelung profitieren Policen, die vor dem 1. Juli 1994 abgeschlossen worden sind, überproportional. Die Rücklagen, die für diese Verträge gebildet worden sind, kommen jüngeren Verträgen nicht zugute.

Das ist ein – gesetzlich gewollter – Verstoß gegen eines der Grundprinzipien der Lebensversicherung, das Generationenmodell. Danach profitieren Neukunden von den Kapitalerträgen des Versicherers, die mit den Beiträgen früherer Versicherter erwirtschaftet wurden. Später geben diese Kunden ihrerseits einen Teil der Überschüsse, die mit ihren Beiträgen erzielt werden, an andere Neukunden weiter. „Durch die Trennung der Bestände im Jahr 1994 ist dieses System durchbrochen worden“, sagte eine Sprecherin der Finanzaufsicht Bafin dem Tagesspiegel. „Die Neukunden mussten bei null anfangen und haben bisher nicht genügend eigene Überschüsse aufbauen können.“ Die Teilkollektivierung solle bewirken, dass Teile der freien RfB auch dem Neubestand zugute kommen. „Es geht um einen fairen Interessenausgleich innerhalb des Versicherungskollektivs“, heißt es bei der Bafin.

Das sieht Verbraucherschützer Kleinlein anders. Er befürchtet, dass die Versicherer nur noch eine weitere Möglichkeit bekommen, ihre Sicherheitspuffer aufzufüllen, um Kunden Erträge vorzuenthalten. Kleinlein fordert eine Regelung, wann und wie die dort geparkten Gelder an die Kunden ausgeschüttet werden müssen. „Sonst werden die Rücklagen immer weiter aufgebläht, und die Kunden gehen leer aus“, warnt er.

Die Maßnahme ist im Sepa-Begleitgesetz geregelt. Während die Teilkollektivierung der RfB den Vermittlungsausschuss überstanden hat, ist eine andere, ebenfalls umstrittene Bestimmung im Februar gekippt worden. Versicherungskunden, die jetzt ausscheiden, sollten eine geringere Beteiligung an den stillen Reserven – den Kursgewinnen der festverzinslichen Wertpapiere – bekommen. Dieser Plan ist nach heftiger, öffentlicher Kritik begraben worden. Versicherungsbranche und Experten halten das für falsch. „Die Gelder, die jetzt ausgeschüttet werden, stehen nur auf dem Papier“, warnt Manfred Poweleit, Herausgeber des Branchendienstes map-Report. „Sie fehlen den Versicherten, die bleiben“, warnt der Analyst vor einer Benachteiligung der Kunden, deren Verträge weiterlaufen. Nach Berechnungen des Versicherungsverbands sinkt die Gesamtverzinsung der verbleibenden Verträge durch die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven um 0,5 Prozent pro Jahr.

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