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Donald Trump will Strafzölle einführen. Die EU bereitet bereits Gegenmaßnahmen vor.

© dpa

Strafzölle: Bloß keine Trotzreaktion

Die EU will sich für Trumps Zölle rächen. Sie sollte besser die WTO-Regeln hochhalten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

In der Handelspolitik geht es gerade zu wie im Kindergarten: Du klaust mir den Teddy, dann klau ich dir die Legosteine. Konkret: Trump führt Strafzölle auf Stahl ein, dann verlangt die EU Abgaben auf Jeans, Motorräder und Orangen. Verständlich ist eine solche Reaktion – sonderlich diplomatisch ist sie aber nicht. Dabei muss es jetzt vor allem um eins gehen: um Schadensbegrenzung.

Die EU braucht eine kluge Antwort auf Trumps Strafzölle. Keine Trotzreaktion. Sonst bricht wirklich der Handelskrieg aus, vor dem alle warnen. Dabei weiß man aus der Geschichte, wie schlimm das ausgehen kann. 1930 haben die USA mit dem Smoot-Hawley Tariff Act nämlich schon einmal einen Wettstreit um Zölle ausgelöst. Wie Trump wollte Herbert Hoover damals die heimische Wirtschaft vor der Konkurrenz aus dem Ausland schützen. Seine Strafzölle lösten bei den Handelspartnern Gegenmaßnahmen aus, wie sie auch heute wieder im Raum stehen. Die Folge: Binnen vier Jahren brach der Welthandel um zwei Drittel ein. Das war zwar nicht der alleinige Auslöser der Großen Depression, aber es hat doch den weltweiten Wirtschaftsabschwung noch einmal verstärkt.

Gemeinsame Regeln sollten neue Handelskriege verhindern

Nach dem Zweiten Weltkrieg war man sich deshalb einig, dass man einen solchen Handelskrieg nicht noch einmal austragen wollte. Deshalb verständigten sich die Staaten auf gemeinsame Regeln – erst mit dem Handelsabkommen GATT, später mit der Welthandelsorganisation WTO. Doch heute scheint diese Geschichte nahezu vergessen. Nicht erst seit Trump ist der Einfluss der WTO stark geschrumpft. Ihre 164 Mitglieder tun sich schon länger schwer damit, eine gemeinsame Linie zu finden. Auch die Schiedsgerichte der WTO, die zwischen Staaten vermitteln, sind stark geschwächt. Drei von sieben Richterstellen in Genf sind unbesetzt, weil die USA auch unter Barack Obama keine neuen Richter nominiert haben.

Umso wichtiger ist es jetzt, die Regeln für den internationalen Handel hochzuhalten. Plant die EU Gegenmaßnahmen, darf sie dabei nicht die Autorität der WTO infrage stellen. Zumal Trump sich durch Gegenmaßnahmen eher bestätigt fühlen wird: Weder Zölle auf Motorräder noch auf Jeans werden ihn umstimmen. WTO-Chef Roberto Azevo hat recht, wenn er sagt: „Auge um Auge wird uns alle blind machen und die Welt in eine tiefe Rezession führen.“

Warum nicht - trotz Trump - auf die USA zugehen?

Statt auf Strafzölle dort mit Strafzöllen hier zu reagieren, wäre der umgekehrte Weg diplomatischer – und möglicherweise zielführender. Denn so sehr man Trump verteufeln mag, so hat er doch in einem Punkt recht: Die EU verlangt derzeit höhere Zölle als die USA. Zahlen Unternehmen der EU in den Vereinigten Staaten im Schnitt 3,5 Prozent Abgaben, müssen US-Konzerne hierzulande 5,2 Prozent berappen. Noch signifikanter ist es bei Autos: Deutsche Konzerne, die Wagen in die USA schicken, zahlen 2,5 Prozent, während auf US-Hersteller in der EU Abgaben von zehn Prozent zukommen.

Wäre es also zu verrückt, einen Schritt auf die USA zuzugehen und die Zölle nach unten statt nach oben anzupassen? Einen Versuch wäre es immerhin wert. Mit eigenen Strafzöllen zurückschlagen kann man immer noch.

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