zum Hauptinhalt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei einem Rundgang an der Technischen Universität München.

© dpa

Strategie der Bundesregierung: Wohin mit den Milliarden für Künstliche Intelligenz?

KI soll stärker gefördert werden. In welche Projekte das Geld fließt, darüber gibt es offenbar noch Abstimmungsbedarf.

Eigentlich wollte das Bundeskabinett in dieser Woche über die Fortschreibung der deutschen Strategie zur Künstlichen Intelligenz (KI) vom November 2018 sprechen. Doch dann wurde das Strategie-Update, das bereits im Juni hätte verabschiedet werden sollen, wieder einmal verschoben. Dafür zuständig sind die drei Ministerien für Arbeit (BMAS), Wirtschaft (BMWi) und Forschung (BMBF). Die offizielle Begründung für die Verspätung: Es gibt noch Abstimmungsbedarf bei den Maßnahmen, die zuletzt im Rahmen des Konjunkturpakets beschlossen wurden. Versprochen wurden zwei Milliarden Euro für mehr KI-Rechenpower (Supercomputer), europäische KI-Netzwerke und „exzellente Forschungs- und Transferstrukturen“.

In der Opposition ist der Verdacht aufgekommen, dass es statt auf Soforthilfen für Investitionen in die Schlüsseltechnologie auf eine Fortführung des Klein-Klein hinausläuft, in dem die bisherigen Gelder für die Strategie verteilt wurden. Die versprochenen zwei Milliarden Euro für KI seien nicht in den Nachtragshaushalten von BMBF oder BMWi zu finden, stellt die technologiepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Anna Christmann, im Rahmen einer schriftlichen Anfrage fest. In der Antwort der Bundesregierung, die dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, die zusätzlichen Mittel für den Bereich Künstliche Intelligenz seien im zweiten Nachtrag zum Bundeshaushaltsplan 2020 zwar enthalten – über ihre Verteilung werde aber noch „innerhalb der Bundesregierung abgestimmt“.  

„Von kurzfristiger Förderung kann also nicht die Rede sein“, bemängelt Christmann, die auch Obfrau ihrer Fraktion in der KI-Enquete-Kommission ist. „Was soll ein Konjunkturpaket, das die Konjunktur nicht ankurbelt?“ Ohnehin, so der Verdacht der Grünen-Politikerin, habe die Bundesregierung weniger Probleme damit, Geld für KI zu beschaffen, als es auszugeben. Es werde nun ein weiteres Mal eine große Summe für die KI-Förderung angekündigt.

„Aber von den bereits seit 2018 geplanten drei Milliarden Euro ist weiterhin nur eine Milliarde Euro in den Bundesministerien aufgeteilt und die längst versprochene dritte Tranche nach wie vor in der Abstimmung“, bemängelt die Grünen-Politikerin. Sie hatte seit 2018 immer wieder Anfragen an die Ministerien verfasst, um auf eine rasche Bereitstellung des Geldes zu drängen. Die drei Milliarden Euro waren im Rahmen der KI-Strategie angekündigt worden und sollten bis 2025 ausgegeben werden.

In welche Projekte das Geld fließen soll, ist noch unklar

In der aktuellen Antwort liefert das Bundesfinanzministerium (BMF) nun eine genaue Auflistung über die Verteilung der ersten und zweiten Tranche in Höhe von jeweils 500 Millionen Euro, aufgeteilt auf die Jahre 2019 bis 2023. Der größte Teil des Geldes entfällt erwartungsgemäß auf das BMBF, gefolgt von BMWi und BMAS. In der zweiten Tranche erhalten auch das Bundesverkehrsministerium (BMVI) und das Bundesgesundheitsministerium (BMG) deutlich mehr Geld für KI. Der KI-Etat des BMG hat sich von 16,5 auf 30 Millionen fast verdoppelt.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Auf welche Projekte das Geld entfallen soll, verrät die Antwort nicht. Das BMF verweist überdies darauf, dass der KI-Strategie auch noch weitere Ausgaben zugerechnet werden könnten, „die außerhalb der zusätzlich bereitgestellten zwei Tranchen bereits in den Ressorteinzelplänen für Maßnahmen der KI etatisiert sind“. Diese Mittel seien in einer Vielzahl von Titeln enthalten, die nicht eindeutig KI-Maßnahmen zugeordnet werden könnten. Zum Teil handele es sich dabei auch „nur um Teilansätze einzelner Titel“. Eine entsprechende Aufstellung sei in der zur Verfügung stehenden kurzen Zeit nicht möglich gewesen.  

„Zuständigkeitschaos“ beenden, aber wie? 

Die Verteilung der dritten Tranche, heißt es weiter, werde Bestandteil derzeit „innerhalb der Bundesregierung abgestimmt“. Anna Christmann fordert die Bundesregierung auf, in der Fortschreibung der KI-Strategie auch das „Zuständigkeitschaos“ zu beenden.“ Man müsse jetzt „eine klare Verantwortlichkeit innerhalb der Bundesregierung für die europäisch vernetzte Umsetzung der KI-Strategie schaffen.“ Vor allem aber müssten das versprochenen Mittel ausgegeben werden: „Wir brauchen mehr Investitionen, deshalb muss das Geld auch ankommen“, mahnt sie an.

Grünen-Politikerin Anna Christmann.
Grünen-Politikerin Anna Christmann.

© Promo

Ein bisschen Lob hat die Grüne auch übrig: „Immerhin hat Frau Karliczek endlich erkannt, dass wir KI nicht national, sondern europäisch denken müssen“, sagt Christmann in Richtung der Bundesforschungsministerin der CDU. Positiv bewertet sie etwa die im Konjunkturpaket geäußerte Absicht, die europäischen KI-Netzwerke zu stärken. Es gibt beispielsweise das CLAIRE-Netzwerk für KI-Forschung sowie das ELLIS-Netzwerk für Exzellenz im Machine Learning, beide Netzwerke haben starke Wurzeln in Deutschland.

Was Christmann bemängelt, ist jedoch, dass dies schon in der ursprünglichen KI-Strategie geplant war, es nur bisher keine Fortschritte gab. „Wie will die Bundesregierung bei diesem Schneckentempo international konkurrenzfähige Standorte aufbauen?“, fragt Christmann. Wenn nichts passiere, sei das „fatal für unsere technologische Souveränität.“ 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false