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Der Grinch verdirbt das Weihnachtsfest - das will Verdi angeblich nicht tun.

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Update

Streik auch in Koblenz: Verdi weitet Arbeitskampf bei Amazon aus

Das Weihnachtsgeschäft bei Amazon erreicht an diesem Montag seinen Höhepunkt. Eigentlich. Denn in fünf Versandzentren legen Beschäftigte die Arbeit nieder. Am Dienstag will Verdi den Druck noch erhöhen.

Signalrot leuchtet es dem potenziellen Kunden entgegen. „Garantiert“ sei die pünktliche Lieferung zum Weihnachtsfest, heißt es auf der Internetseite des Onlinehändlers Amazon. Auf dem Foto neben dem Versprechen lächeln zwei mutmaßliche Mitarbeiterinnen eines Versandzentrums freundlich dazu. Doch knapp 1100 ihrer Kollegen an fünf deutschen Standorten zeigten sich am Montagvormittag nach Angaben des Unternehmens weniger begeistert von ihrer Arbeit: Sie streikten. Bis zum Nachmittag erhöhte sich ihre Zahl auf knapp 2300, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte.

„Kunden können sich darauf verlassen, dass die Ware pünktlich zu ihnen kommt“, bekräftigt Amazon-Sprecherin Anette Nachbar dennoch. Neben den 10.000 regulären Kräften arbeiteten in den insgesamt neun deutschen Lagern an acht Standorten in diesen Wochen 9000 Aushilfskräfte. Ins Verhältnis gesetzt sei die Zahl der Streikenden also überschaubar, sagt Nachbar. Zudem verfüge das US-Unternehmen über 28 Standorte in sieben europäischen Ländern. Auswirkungen auf die Lieferkette gebe es nicht.

Verdi: Wir rufen nicht zum Boykott auf

Die Gewerkschaft Verdi, die zu dem dreitägigen Ausstand aufgerufen hatte, sieht das anders. „Genaue Zahlen haben wir nicht“, räumt Verdi-Sprecherin Eva Völpel zwar ein. Aber aus Testkäufen und Rückmeldungen von Mitgliedern bei früheren Streiks wisse man, „dass Lieferverzögerungen da sind“. Zudem berichteten Mitarbeiter von liegengebliebenen Bestellungen.

Die Tage um den 15. Dezember herum haben die Arbeitnehmervertreter nicht zufällig gewählt. Im vergangenen Jahr gingen an diesem Datum die meisten Bestellungen bei dem Onlinehändler ein – deutschlandweit orderten Kunden über 4,6 Millionen Artikel, mehr als 53 pro Sekunde. Dennoch beteuert Verdi, es nicht auf die Amazon-Kunden abgesehen zu haben. „Wir rufen schließlich nicht zu einem Boykott auf“, sagt Völpel. Wer aber Sorge habe, dass seine Weihnachtsgeschenke nicht rechtzeitig ankämen, könne natürlich überlegen auf ein anderes Unternehmen auszuweichen.

Gespräche wären schon ein Erfolg

Seit Ostern 2013 legen Amazon-Beschäftigte in Abständen immer wieder die Arbeit nieder. Im Kern will Verdi erreichen, dass sich das Unternehmen auf einen Tarifvertrag einlässt, der sich am Versand- und Einzelhandel orientiert. Amazon hingegen sieht die Versandzentren als Logistikeinheiten. Der Stundenlohn von anfangs 9,55 Euro liege deutlich höher als der Logistiktarif.

Für die Gewerkschaft wäre es aber schon ein Erfolg, wenn sich das Unternehmen überhaupt zu Gesprächen bereit erklären würde. „Wir haben es mit einem Konzern zu tun, der globaler Monopolist werden will und kategorisch Verhandlungen ablehnt“, sagt Verdi-Chef Frank Bsirske und bringt es auf den Punkt. „Das zu knacken, ist die Aufgabe.“

Niedriger Organisationsgrad ist ein Problem

Gelingen soll das mit einer breiteren Streikfront. „Immerhin können wir jetzt fünf von acht Amazon-Standorten in die Streiks einbeziehen“, sagt Bsirske. Und mit Koblenz soll an diesem Dienstag ein sechster dazukommen – zu Bad Hersfeld, Leipzig, Graben, Rheinberg und Werne. In Brieselang bei Berlin sind noch keine Aktionen angekündigt.

Meist liegen die Zentren in strukturschwachen Regionen, wo Amazon bedeutender Arbeitgeber ist. Verdi fällt es entsprechend schwer, einen ausreichenden Organisationsgrad in der Belegschaft zu erreichen.

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