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Markus Söder (CSU, r), Ministerpräsident von Bayern, sitzt neben dem Bayerischen Finanzminister Albert Füracker (CSU).

© Lino Mirgeler/dpa

Streit über Altschulden von Kommunen: Bayern will nicht für die Versäumnisse anderer zahlen

Finanzminister Olaf Scholz will überschuldete Kommunen entlasten. Der Vorschlag stößt nicht überall auf Begeisterung.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) löst mit seinem Plan, Gemeinden auch mit Bundesmitteln zu entschulden, nicht nur Freude aus. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) nannte den Vorstoß ungerecht.

„Kommunen, die unverschuldet in wirtschaftliche Probleme geraten sind, muss geholfen werden – da sind sich alle einig“, erläuterte er. Aber ausschließlich die Höhe kommunaler Kassenkredite als Kriterium für finanzielle Hilfen heranzuziehen, lehne er „entschieden ab“. Dies sei ungerecht.

Bayern habe seine Hausaufgaben gemacht und seinen strukturschwachen Kommunen seit Jahren beim Abbau von Schulden und bei der Konsolidierung ihrer Haushalte geholfen. „Dafür dürfen wir nicht bestraft werden. Wir werden sehr genau darauf achten, dass wir am Ende nicht die Zeche für die Versäumnisse anderer Länder zahlen müssen“, kündigte Füracker an.

Scholz hatte vorgeschlagen, besonders verschuldete Kommunen mit Bundesmitteln zu entlasten. Vom Entschuldungsprogramm des Bundes sollen rund 2500 besonders stark mit Kassenkrediten belastete Kommunen in Deutschland profitieren. Nach Scholz' Vorstellung könnte sich der Bund etwa zur Hälfte an der Entschuldung beteiligen. Der Städtetag summiert die Altschulden der Kommunen auf rund 42 Milliarden Euro.

Scholz' Vorschlag sieht vor, dass der Bund einen erheblichen Teil der kommunalen Kassenkredite in die Bundesschuld übernimmt. Er fordert aber auch einen Beitrag der Länder. Die betroffenen Städte und Gemeinden seien mit so hohen Schulden belastet, dass sie kaum noch handeln könnten, sagte Scholz in einem Interview der Funke Mediengruppe.

Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen.
Olaf Scholz (SPD), Bundesminister der Finanzen.

© Fabian Sommer/dpa

Gemeinsam mit den betroffenen Ländern wolle er diesen Kommunen die Schulden einmalig abnehmen: „Ich stelle mir so etwas wie eine Stunde null dieser Kommunen vor“, sagte Scholz.

Landkreistag kritisiert: Länder in die Pflicht nehmen

„Ich habe wenig Verständnis dafür, wenn sich der Bund mit der Frage kommunaler Altschulden und damit einem Problem weniger Städte in wenigen Bundesländern befasst“, sagte auch der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Hans-Günter Henneke, der „Welt“.

Das Problem müsse von den betroffenen Ländern selbst gelöst werden. „Der Uckermark, der Rhön, der Lüneburger Heide, der Prignitz oder dem Bayerischen Wald hilft es rein gar nichts, wenn mit Milliarden an Steuermitteln Altlasten in Oberhausen, Essen oder Gelsenkirchen abgetragen werden.“ Der Bund solle sein Geld besser für zukunftsorientierte Maßnahmen im Rahmen gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land einsetzen.

In Nordrhein-Westfalen etwa habe die Landesregierung den Kommunen lange Zeit zu wenig Finanzmittel zukommen lassen. „Dieses Versäumnis sollte nicht der Bund als Retter in der Not bereinigen“, sagte Henneke.

Städtetagspräsident: „Befreiungsschlag“

Andere Kommunalverbände wie der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund dagegen begrüßten Scholz' Vorstoß. Bund und Länder müssten sich im neuen Jahr rasch einigen, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung. „2020 kann ein Befreiungsschlag für mehr als 2000 Städte und Gemeinden gelingen.“

Noch sei die 42 Milliarden Euro große Hypothek der kommunalen Altschulden zu stemmen. „Doch das Zeitfenster mit niedrigen Zinsen kann sich schließen. Deshalb brauchen wir 2020 einen Durchbruch“, sagte der Leipziger Oberbürgermeister.

Wie Scholz betonte auch Jung, gerade die besonders betroffenen Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland müssten ihren Teil leisten. Ansätze dafür gebe es, es sei aber beispielsweise noch immer nicht klar, wie viel Geld NRW beisteuern wolle.

In Städten und Regionen mit hohen Schulden leben laut Jung zehn Millionen Menschen. „Die Kinder, die dort schwimmen lernen wollen und deren Halle schließt, weil das Geld für die Reparatur fehlt, können doch nichts dafür, dass der Strukturwandel den Schuldenberg wachsen ließ“, betonte er. Den Städten sei bewusst, dass sie selbst auch zu einer Altschuldenlösung beitragen müssten. Aber der Neustart gelinge nur, wenn Bund, Länder und Kommunen gemeinsam anpackten.

Gemeindebund lobt den Vorschlag

Auch der Hauptgeschäftsführer des Gemeindebunds, Gerd Landsberg, lobte Scholz' Initiative. Die hochverschuldeten Kommunen seien aus eigener Kraft nicht in der Lage, mehr zu investieren und die Standortattraktivität zu erhöhen, erklärte er in der „Welt“. Dadurch gehe die Schere zwischen finanzstarken Kommunen und strukturschwachen Regionen immer weiter auseinander. „Das Problem muss noch in dieser Legislaturperiode gelöst und darf nicht auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden.“

Mit Kassenkrediten überbrücken Kommunen eigentlich nur kurzfristig Engpässe. Seit Jahren dienen diese Darlehen – vergleichbar mit dem Dispokredit bei Privatpersonen – zunehmend zur Finanzierung laufender Ausgaben. Sie engen den Spielraum für Investitionen ein. (dpa)

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