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Wirtschaft: Streit um Arbeitszeit belastet Metallrunde

IG-Metall-Vize Huber: Arbeitgeber provozieren Großkonflikt – Gesamtmetall knüpft Lohnerhöhung an längere Arbeitszeit

Berlin (huh/HB). Unmittelbar vor dem Beginn der zweiten Runde der Metalltarifverhandlungen heute in Stuttgart hat sich der Konflikt um längere Arbeitszeiten zugespitzt. „Die IG Metall wird einer Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich in keinem Fall zustimmen“, sagte der zweite Vorsitzende der Gewerkschaft, Berthold Huber, dem „Handelsblatt“. Das habe sie den Metallarbeitgebern in mehreren Gesprächen klargemacht.

Huber warnte, der nächste Großkonflikt in der Metall und Elektroindustrie sei programmiert, wenn Gesamtmetallpräsident Martin Kannegiesser sein Junktim aufrecht erhalte. „Dann muss er damit rechnen, dass die IG Metall mit gleicher Münze antwortet und ebenfalls Junktims aufstellt“, betonte der oberste Tarifpolitiker der Gewerkschaft.

Der Gesamtmetallchef hat eine Erhöhung der Löhne und Gehälter an die Bedingung geknüpft, dass die IG Metall der Arbeitgeberforderung nach längeren Arbeitszeiten nachkommt. „Ein Tarifabschluss ohne mehr betrieblichen Spielraum bei der Arbeitszeit ist nicht vorstellbar“, sagte Kannegiesser der „Welt“. In einem Brief an die Mitgliedsunternehmen seines Verbands hat Kannegiesser die Forderung nach maximal fünf zusätzlichen Arbeitsstunden pro Woche ohne Lohnausgleich bekräftigt. Zugleich schwor er die Unternehmen auf eine harte Linie bei den Tarifverhandlungen ein.

Huber sagte, er sei enttäuscht von Kannegiessers Verhalten. „Das führt nur zur Verhärtung der Positionen.“ Wenn die Arbeitgeber dies haben wollten, werde es so kommen, warnte er. Gesamtmetall solle nicht glauben, die IG Metall sei handlungsunfähig, weil sie vergangenes Jahr den Arbeitskampf um die 35-Stunden-Woche „in den Sand gesetzt habe“. Die Belegschaften in der Automobilindustrie werde das nicht schrecken, sollten es die Arbeitgeber auf einen Konflikt ankommen lassen. Zugleich legte der IG-Metall-Vize aber Wert darauf, nicht mit einem Streik zu drohen.

Die IG Metall fordert für die 3,4 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie eine Erhöhung der Entgelte um vier Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Kannegiesser dagegen sagte, der Tarifabschluss müsse deutlich unter 1,4 Prozent liegen, dem erwarteten Zuwachs der gesamtwirtschaftlichen Produktivität. Am 28. Januar endet die Friedenspflicht. Beide Seiten wollen aber einen Arbeitskampf wie bei der letzten Lohnrunde 2002 vermeiden und drücken in den Verhandlungen aufs Tempo. Im Tarifbezirk Baden-Württemberg, wo voraussichtlich der Pilotabschluss vereinbart wird, sind der 23. und der 27. Januar bereits als weitere Verhandlungstermine vereinbart.

Huber sagte, auch die IG Metall wolle mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit. Sie sei bereit, die starre Regelung zu ersetzen, wonach nur maximal 18 Prozent der Belegschaft 40 statt 35 Stunden pro Woche arbeiten dürfen. „Wir müssen uns hier stärker an der Struktur der Belegschaft orientieren.“ In einem Betrieb mit vielen hochqualifizierten Arbeitskräften könne ein wesentlich größerer Anteil bis zu 40 Stunden arbeiten. Zudem befürworte die IG Metall einen Ausbau flexibler Arbeitszeitkonten. Auch Lebensarbeitszeitkonten seien denkbar. „Ich habe aber den Eindruck, dass es den Arbeitgebern in Wirklichkeit gar nicht um mehr Flexibilität geht“, kritisierte Huber. Statt dessen wollten sie Mehrarbeit ohne Lohn durchsetzen.

Kannegiesser bezeichnet Arbeitszeitkonten in seinem Brief an die Metallunternehmen angesichts des verschärften internationalen Wettbewerbs als unzureichend. Erst eine Verlängerung der Arbeitszeit versetze die Betriebe in die Lage, schneller und kostengünstiger mit Produkten am Markt zu sein. Für alle Betriebe müsse ein Arbeitszeitkorridor zwischen 35 und 40 Stunden bei vollem Lohnausgleich gelten. Zusätzlich soll bei „mittelfristiger Kostenproblematik“ die Arbeitszeit auch ohne Lohnausgleich auf 40 Wochenstunden erhöht werden dürfen. Kannegiesser sagte, die Tarifrunde 2004 stelle eine Weggabelung im Ringen um den Erhalt der Tarifautonomie dar. Sollte die Tarifpolitik in dieser Phase versagen, „dann wird es sie künftig so nicht mehr geben können.“

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