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Vom Dieseldreck sind alle Bundesländer betroffen – doch von der Milliardenbuße profitieren soll nur Niedersachsen.

© J. Stratenschulte/dpa

Streit um Bußgeld: VW-Milliarde weckt Begehrlichkeiten

Niedersachsen solle das Diesel-Bußgeld teilen, fordern Länder. Doch rechtlich fehlt dafür die Grundlage.

Bundesländer wie Brandenburg und Hessen sind nicht einverstanden, dass Niedersachsen allein von dem Milliardenbußgeld durch den Volkswagen-Konzern profitieren soll. Sie fordern ihren Anteil – doch rechtlich dürfte eine solche Verteilung zumindest kurzfristig nicht umzusetzen sein.

Rund 30 Millionen Euro würden seinem Land nach Einwohnerzahl gerechnet zustehen, sagte Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (Die Linke) dem Tagesspiegel. „Der Dieselskandal bei VW betrifft ja nicht nur das Land Niedersachsen, sondern hat der gesamten Bevölkerung, egal ob VW-Dieselfahrer oder nicht, gesundheitliche Schäden zugemutet und die Umwelt in allen Bundesländern belastet. Daher wäre es fair, wenn die Strafzahlungen allen Landeshaushalten zufließen“, forderte er. Mit dem Geld könne „ein spürbarer umweltpolitischer Impuls gesetzt werden“. Auch Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) plädiert dafür, „einen Schadensausgleich zu entwickeln, damit das Geld allen zugutekommt“. Eine konkrete Summe nannte er zwar nicht, betonte aber, dass „Fälle wie der von VW von nationaler Bedeutung“ seien. „Die Praktiken von VW haben bundesweit Schaden angerichtet“, sagt Schäfer, „doch der Nutznießer der VW-Milliarde ist nur ein Bundesland: Niedersachsen“.

Zuvor hatte bereits Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) eine bundesweite Verteilung der Geldbuße gefordert, die von der Staatsanwaltschaft Braunschweig verhängt worden war. „Niedersachsen weiß nicht, wohin mit der Milliarde, während die Kommunen bundesweit mühsam das Geld für die Umsetzung von Luftreinhalteplänen zusammensuchen“, sagte sie den „Lübecker Nachrichten“. Deshalb würde es „der Anstand gebieten, das Geld bundesweit allen Betroffenen zur Verfügung zu stellen“.

Auch Berlin äußert sich zu Bußgeldstreit

Andere Bundesländer wie Berlin und Baden-Württemberg äußern sich dagegen weniger konkret. „Die Folgen der Verschmutzung und auch deren Vermeidung“ müssten jetzt angegangen werden, „sollte das national gelingen, freuen wir uns“, sagte Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD). Die Bußgeldzahlung von VW sei „sehr speziell“, teilte eine Sprecherin des Finanzministeriums in Baden-Württemberg mit. „Schließlich ist Niedersachsen nicht nur das Land, dem das Bußgeld zugutekommt. Es ist auch Anteilseigner von VW.“

DIe Länder Nordrhein-Westfalen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und das Saarland wollten sich auf Anfrage nicht äußern. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) hätte zwar gerne „zusätzliche Mittel zur Verfügung“. „Aber die Frage, wem das Geld zusteht, ist vom Grundgesetz und dem Finanzausgleichsgesetz klar geregelt, also eine Rechtsfrage und keine Frage des Anstands.“ Darauf verweist auch Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). Er könne die Interessen seiner Kollegen zwar „nachvollziehen“, „wir sollten uns aber an die geltende Rechtslage halten und nicht nach Begehrlichkeiten handeln“, meinte er.

Bundesverkehrsminister sieht keine Möglichkeiten

Geldbußen würden nach aktueller Rechtslage keine Berücksichtigung im Länderfinanzausgleich finden, da der Finanzkraftausgleich nur Steuern und einzelne Abgaben betreffe, nicht jedoch Strafzahlungen. Auch in anderen Ländern habe es in der Vergangenheit immer mal wieder auch durchaus hohe Geldbußen im dreistelligen Millionenbereich gegeben, betonte Hilbers. „Ich erinnere an nicht unerhebliche Geldbußen in verschieden Branchen und Wirtschaftszweigen. Auch die verblieben und verbleiben im jeweiligen Bundesland, auch wenn die Betroffenheit darüber hinausgeht. Von daher gibt es keinen Grund hier nun anders zu verfahren“, sagte Hilbers. Doch genau das sehen Finanzminister wie Thomas Schäfer eben anders und fordern eine Reform. „Es wäre auch ein Beitrag zu Solidarität, wenn die gute Zusammenarbeit von Behörden an solch national bedeutenden Fällen über Ländergrenzen hinweg nicht gerade beim Geld endet“, betonte er. Auch sein Brandenburger Kollege Görke sieht die VW-Strafe als Anlass, „jetzt über eine Änderung der gesetzlichen Grundlagen nachzudenken, um alle betroffenen Länder durch die Strafzahlungen entschädigen zu können“.

Wenig Hoffnung macht ihnen jedoch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der keine Einflussmöglichkeiten sieht. Nicht der Bund nehme das Geld ein, sondern das Land Niedersachsen, sagte er am Donnerstag: „Stephan Weil ist in dem Fall der Milliardär“.

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