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Im Streit zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft bewegt sich niemand.

© REUTERS/Michaela Rehle

Streit um Gesetz zur Tarifeinheit: Bahnstreik kostet Wirtschaft eine halbe Milliarde Euro

Lager laufen leer, Produktionsausfälle drohen: Der Streik der Lokführer verursacht einen Schaden in Höhe einer halben Milliarde Euro, sagen die Verbände. Gewerkschaftsführer Weselsky lehnt eine Schlichtung ab.

Zum Auftakt des bisher größten Streiks in der Geschichte der Deutschen Bahn hat es die Lokführergewerkschaft GDL abgelehnt, einen Schlichter zu suchen, der in dem seit elf Monaten andauernden Tarifkonflikt vermitteln könnte. „Wir lassen nicht über Grundrechte schlichten“, sagte GDL-Chef Claus Weselsky am Montag in Berlin. Eine Schlichtung sei nur bei Fragen wie Entgelt oder Arbeitszeit möglich. Hier gehe es aber vor allem um Strukturfragen.

Die Bahn hatte am Wochenende eine Schlichtung angeregt. Am Montag sprach sich erstmals auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausdrücklich für dieses Verfahren aus. Es gebe zwar die Tarifautonomie und das Streikrecht, sagte Merkel in Berlin. Die Folgen des mehrtägigen Streiks der Lokführer seien jedoch für viele Menschen und Unternehmen gravierend. Deshalb müsse alles daran gesetzt werden, eine Lösung zu finden. „Hier ist der Weg einer Schlichtung ein möglicher, gangbarer Weg“, sagte Merkel. Zu Beginn eines solchen Verfahrens verständigen sich die Tarifpartner in der Regel auf den Verzicht weiterer eskalierender Schritte, also auch weiterer Arbeitskämpfe.

Die Bahn fährt nach Notfahrplan

Es ist der achte Streik der GDL in diesem Konflikt. Am Montagnachmittag legten zunächst die Lokführer im Güterverkehr die Arbeit nieder. Von Dienstagmorgen um 2 Uhr an sollte auch der Personenverkehr einschließlich der S-Bahn bestreikt werden – bis zum kommenden Sonntag, dem 10. Mai, um 9 Uhr. Der Tagesspiegel berichtet über die Auswirkungen des Streiks in einem Live-Ticker. Erfahrungsgemäß dürfte der Verkehr aber erst am kommenden Montag wieder nach Fahrplan laufen. Wie bei den vorangegangenen Streiks erstellte die Bahn einen Notfahrplan. Das Unternehmen erwartete, dass es so im Fernverkehr etwa jede dritte der sonst üblichen Verbindungen anbieten kann, im Regionalverkehr zwischen 15 und 60 Prozent. Bei den bisherigen Streiks waren die Auswirkungen im Osten der Republik, wo die GDL mehr Mitglieder hat, deutlich stärker zu spüren als im Norden oder Westen.

Produktionsausfälle drohen

Die Spitzenverbände der Wirtschaft warnten vor dem volkswirtschaftlichen Schaden. Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, bezifferte die Kosten des siebentägigen Ausstandes auf insgesamt eine halbe Milliarde Euro: „Lager laufen leer, die Produktion stottert, es kann sogar zu Produktionsausfällen kommen“, sagte Schweitzer dem „Handelsblatt“. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer sagte, es würden Schäden von 100 Millionen Euro pro Streiktag „drohen“, also in der Summe bis zu 700 Millionen Euro. „Das Vorgehen der GDL ist verantwortungslos und vollkommen unverhältnismäßig.“

Gabriel: Es geht um Machtfragen

„Ich frage mich, versteht eigentlich irgendjemand noch, was sich bei der Bahn abspielt?“, sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). Bessere Arbeitsbedingungen stünden in dem Konflikt wohl nicht im Vordergrund: „Es geht um Machtfragen innerhalb der gewerkschaftlichen Vertretung.“ Weder Gabriel noch Merkel ließen erkennen, dass sie sich darauf einlassen könnten, ihr Gesetz zur Tarifeinheit noch zu stoppen. Dieses soll ab Juli gelten und die Macht von Spartengewerkschaften einschränken. Die Oppositionsfraktionen der Grünen und der Linken im Bundestag forderten die Regierung auf, das Gesetz noch zu stoppen, um Konkurrenzdruck von den Gewerkschaften zu nehmen. Die Politik sei aufgerufen, „schlichtend und nicht verschärfend aufzutreten“, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.

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