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Wirtschaft: Streit um Mittel gegen die Jobmisere

BONN/DÜSSELDORF (gof/pw/ari/HB/Tsp).Der Streit um eine Trendwende am Arbeitsmarkt und den umstrittenen Kombilohn geht weiter.

BONN/DÜSSELDORF (gof/pw/ari/HB/Tsp).Der Streit um eine Trendwende am Arbeitsmarkt und den umstrittenen Kombilohn geht weiter.Jenoptik-Vorstandschef Lothar Späth rechnet für dieses Jahr nicht mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern.Die Erholung auf dem Arbeitsmarkt werde sich vor allem in Westdeutschland abspielen, sagte Späth in einem Interview.

Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Dieter Schulte, hat erneut dazu aufgefordert, die Überstunden gesetzlich zu begrenzen, um die Unternehmen zu Neueinstellungen zu zwingen.Vorrang vor einer gesetzlichen Lösung sollten aber betriebliche und tarifpolitische Lösungen haben, sagte Schulte: "Wir müssen Druck auf die Arbeitgeber ausüben, damit bei den Überstunden endlich etwas geschieht." So könne der Gesetzgeber die Höchstgrenze für die Wochenarbeitszeit, die derzeit bei 48 und in Ausnahmefällen bei sechzig Stunden in der Woche liegt, herabsetzen.Die Zahl der geleisteten Überstunden gab Schulte mit 1,8 Mrd.für das Jahr 1997 an.Rechnerisch entspreche dies mehr als einer Million Vollzeitarbeitsplätze.

Uneinigkeit macht sich indessen bei der Koalition über die Einführung von Subventionen für Arbeitslose im Niedriglohnsegment breit.Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) äußerte schwerwiegende Bedenken: "Für Unternehmer entsteht der Anreiz, nicht subventionierte Beschäftigte durch Kombilohn-Arbeitskräfte zu ersetzen", sagte Rexrodt in einem Interview.Zudem bestehe die Gefahr, daß "Beschäftigte mit Niedrigverdiensten ungleich behandelt werden".Der Wirtschaftsexperte der FDP-Fraktion, Paul Friedhoff, erklärte, die "überstürzte Einführung" sei derzeit nicht verantwortbar.Hingegen sieht der Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Rainer Eppelmann, den Kombilohn als "Chance für ein neues Bündnis für Arbeit".

Der CDU-Politiker erklärte, der Kombilohn schlage "eine Brücke auf den ersten Arbeitsmarkt".Rexrodt warnte dagegen, der Staat werde gezwungen, flächendeckend gesetzliche Mindestlöhne einzuführen.Friedhoff erklärte, damit würde der Staat unmittelbar in die Tarifautonomie eingreifen.Dies sei mit der FDP "nicht zu machen".

Erneut verteidigte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, den Kombilohn.Die Gefahr von Mitnahmeeffekten sei steuerbar, sagte der BDA-Präsident.Man könne heutige Arbeitsplätze nicht in die Niedriglohnbereiche verdrängen.Ablehnend äußerte sich Hessens Arbeitsministerin Barbara Stolterfoht.Die Arbeitgeber wollten in Wirklichkeit Niedriglöhne, sagte die SPD-Politikerin."Und je niedriger der tiefste Lohn ist, desto mehr stehen mittlere Einkommen unter Druck." Dann seien die Mitnahmeeffekte unkalkulierbar.

Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble bekräftigte seine Absicht, sozialversicherungsfreie Jobs nach einem Wahlsieg der Union im Herbst zu erhalten."Wir werden sie nicht ersatzlos abschaffen.Aber wir müssen den Prozeß stoppen, daß immer mehr Einzelhändler ihre angestellten Verkäuferinnen entlassen und nur noch 620-Mark-Jobs vergeben", sagte Schäuble in einem Interview mit "Bild der Frau".

Unterdessen zogen die alternierenden Vorstandsvorsitzenden der Bundesanstalt für Arbeit (BA), Ursula Engelen-Kefer und Josef Siegers, gegenüber dem Handelsblatt eine Bilanz der veränderten und neuen Instrumente zur Arbeitsförderung.Beide betonen, daß die aktive Arbeitsmarktpolitik der BA richtig und wichtig sei.Uneinig sind sich die stellvertretende DGB-Vorsitzende und das BDA-Vorstandsmitglied jedoch in der Dauerhaftigkeit der Entlastungswirkungen für den Arbeitsmarkt.Siegers ist überzeugt, daß der Integrationsgrad der neuen Instrumente, die direkt auf den ersten Arbeitsmarkt zielen, weitaus höher sein wird als bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM).Engelen-Kefer glaubt dagegen, daß die Impulse zur Schaffung neuer Arbeitsplätze durch Instrumente wie Einarbeitungszuschüsse überschätzt werden.Sie sieht Gefahren durch Wettbewerbsverzerrung und Preisdumping für den nichtsubventionierten Arbeitsmarkt aufziehen.Positiv fällt die Bilanz für Trainingsmaßnahmen im Betrieb aus.Sie hätten eine Türöffnerfunktion, auch wenn, so die DGB-Vize, der Arbeitnehmer in diesen drei Monaten trotz Tätigkeit nur das Arbeitslosengeld erhalte.In den Trainingsmaßnahmen und den Eingliederungszuschüssen sieht Siegers eine unbürokratische Alternative zu den bisher kaum abgeschlossenen Eingliederungsverträgen.

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