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Beim Black Friday 2018 gaben die Deutschen 2,4 Milliarden Euro aus.

© Getty Images/iStockphoto

Streit um Namensrechte: Warum immer weniger Firmen mit dem Black Friday werben

Eine Firma aus Hongkong besitzt die Markenrechte an den Worten "Black Friday". Wer damit wirbt, wird teuer abgemahnt. Selbst Weltkonzerne kapitulieren.

Von Laurin Meyer

Nicht nur die Schokoladen-Weihnachtsmänner kommen langsam wieder in die Supermarktregale. Auch auf ein anderes Konsumfest bereitet sich der Handel längst vor: den sogenannten Black Friday. Onlineverkäufer kündigen erste Angebote an, Portale verweisen auf anstehende Rabattaktionen. Und das, obwohl der Tag der weltweiten Schnäppchenjagd traditionell erst Ende November stattfindet.

Ob der Black Friday für die Händler hierzulande überhaupt zu einem Fest wird, könnte sich aber schon in den kommenden Wochen entscheiden – und zwar vor dem Bundespatentgericht. Denn dort geht es um einen wirren Markenstreit. Eine kleine Firma aus Hongkong, die Super Union Holdings Limited, hat sich die deutschen Markenrechte am Begriff „Black Friday“ gesichert. Und daraus offenbar ein Geschäft gemacht. Über eine Berliner Rechtsanwaltskanzlei verschickt das Unternehmen nämlich zahlreiche Abmahnungen an Händler, die hierzulande mit dem Black Friday werben. Mal sollen sie 1000 Euro zahlen, mal sind es sogar 4000 Euro.

Simon Gall und seine Geschäftspartner bekamen die ersten Abmahnungen bereits im Herbst 2016 zugeschickt. Auf der Website „black-friday.de“ verlinkt der Unternehmer zu den Angeboten von Händlern und erhält bei Kaufabschluss eine Provision. Das Geschäftsmodell hatte Gall schon erfunden, da war die Wortmarke noch gar nicht eingetragen.

Seit Bekanntwerden der Abmahnungen seien viele Händler aber vor einer Kooperation mit ihm zurückgeschreckt, berichtet Gall. Erst kamen die Verdienstausfälle, später löschte Facebook seine Black-Friday-Fanpage, und zuletzt entfernte auch Google seine App aus dem Store. Der Grund: Markenrechtsverletzung. „Der entstandene Schaden ist enorm“, sagt Gall, ohne konkrete Summen zu nennen.

Black Friday ist seit Jahren ein Milliarden-Geschäft

Der Black Friday ist hierzulande zu einem Milliardenmarkt geworden. Schätzungsweise 2,4 Milliarden Euro gaben die Deutschen im vergangenen Jahr für Schnäppchen rund um den Rabatttag aus – das waren rund 15 Prozent mehr als noch 2017. Außerdem wird der Tag immer bekannter. Lediglich jeder Zehnte verbindet einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland zufolge den Black Friday noch nicht mit der großen Schnäppchenjagd. Wohl auch deshalb hatte das Deutsche Patent- und Markenamt schon im vergangenen Jahr die Löschung der Marke beschlossen.

Insgesamt 16 Unternehmen hatten darauf gedrängt und einen entsprechenden Antrag gestellt. Ihr Argument: Der Black Friday war schon zum Zeitpunkt der Markeneintragung allgemeingebräuchlich für das Shopping-Event und hätte niemals geschützt werden dürfen. Doch die chinesische Firma legte Beschwerde ein. Aus ihrer Sicht sei der Black Friday allenfalls als Tag des Börsencrashs bekannt gewesen, nicht jedoch für eine Rabattschlacht. Genau darüber soll das Bundespatentamt am 26. September verhandeln. Ohne einen rechtskräftigen Beschluss bleibt der Black Friday jedenfalls als Begriff geschützt.

Auch das KaDeWe warb im vergangenen Jahr nicht mit dem Black Friday, sondern mit dem Black Weekend. Vielleicht aber auch nur, weil seine Kunden sich eher nicht als Schnäppchenjäger verstehen wollen.
Auch das KaDeWe warb im vergangenen Jahr nicht mit dem Black Friday, sondern mit dem Black Weekend. Vielleicht aber auch nur, weil seine Kunden sich eher nicht als Schnäppchenjäger verstehen wollen.

© AFP

Die Firma aus Hongkong schafft es sogar, die Werbestrategien von Weltkonzernen zu bestimmen. So verzichtet etwa der Sportausrüster Puma darauf, Werbung mit dem Black Friday zu machen – aus Angst vor Markenrechtsverletzungen. Der Konzern hatte beim Deutschen Patent- und Markenamt wie auch Gall einen Löschantrag gestellt. „Wir wollen diesen Namen verwenden, weil es sich hier um einen seit Jahrzehnten etablierten Begriff handelt“, erklärte ein Unternehmenssprecher. „Die Situation wäre vergleichbar, wenn sich jemand den Sommerschlussverkauf als Marke schützen lassen wollte.“

Sollte der Black Friday geschützt bleiben, wisse sich Puma aber mit kreativen Ideen zu helfen, heißt es. Und auch der Zahlungsdienstleister Paypal beteiligt sich. „Uns war wichtig, dass dieser Antrag auch von großen, namhaften Unternehmen aus der Branche mitgetragen wird“, erklärt eine Sprecherin. So würden gerade kleine und mittelständische Unternehmen häufig nicht über die notwendigen Mittel verfügen, um einen solchen Löschantrag zu stellen. Läuft das Geschäft der kleinen Händler gut, profitiert auch Paypal. Schließlich wickeln deren Kunden die Käufe oft über den Zahlungsdienstleister ab.

Abmahnungen als Einnahmequelle

Dem Mittelstandsverbund berichten Händler immer wieder von überzogenen Forderungen. „Die Streitwerte lagen hier bei etwa 100.000 Euro, die Abmahnkosten zwischen 2000 und 4000 Euro“, erklärt eine Sprecherin. Wer eine solche Marketingaktion veranstalten will, sollte sich deshalb dringend mit einem Fachanwalt beraten, empfiehlt der Verbund. Der Mittelstand hofft jedenfalls, dass die Händler bald Rechtssicherheit haben. Sollte der Black Friday jedoch als Marke bestehen bleiben, sei das ein denkbar schlechtes Zeichen. „Das Instrument der Abmahnung verstehen diverse Kanzleien und Institutionen als Einnahmequelle“, erklärt die Sprecherin.

Vor allem die Onlinehändler werden zunehmend zur Zielscheibe für spezialisierte Abmahnfirmen. Schließlich lässt sich im Internet durch automatisierte Suchfunktionen und Algorithmen ganz einfach herausfinden, welcher Händler etwa gegen Marken- und Datenschutz oder Kennzeichnungspflichten verstößt. Auch die Bundesregierung will gegen das Treiben dieser Firmen vorgehen – zumindest gegen solche, die mit massenhaften Abmahnungen ein eigenes Geschäft aufgezogen haben.

Im Mai beschloss das Kabinett deshalb einen Gesetzentwurf, der den Firmen künftig höhere Hürden setzt. Wollen etwa Mitbewerber abmahnen, müssen die ähnliche Waren „in nicht unerheblichem Maße“ verkaufen. Dadurch sollen Scheinkonkurrenten ausgeschlossen werden. Die Bundesregierung will die Zahl der missbräuchlichen Abmahnungen so um 50 Prozent reduzieren. Der Bundestag könnte das Gesetz noch in diesem Jahr verabschieden.

Händler schließen Verträge mit der Black Friday GmbH ab

Im Fall der Firma aus Hongkong haben einige Unternehmen aus Angst vor einem teuren Nachspiel wohl längst nachgegeben. Sie haben einen Vertrag mit der Black Friday GmbH über die Nutzung des Begriffs abgeschlossen. Die Firma mit Sitz in Wien hält die Hauptlizenz von der Super Union Holdings und darf weitere Sublizenzen verteilen. Und diese sollen renommierte Onlineverkäufer, aber auch stationäre Einzelhändler erworben haben, heißt es in der Branche.

Alle Partner, die auf der Seite gelistet sind, erhielten automatisch eine Sublizenz, erklärt die Black Friday GmbH. „Darüber hinaus kann eine Sublizenz aber auch unabhängig von der Teilnahme auf der Plattform erworben werden, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.“ Auch das offizielle Stadtportal von Berlin hat ein Nutzungsrecht, zahlt nach eigenen Angaben aber keine Lizenzgebühren. Das Geschäft scheint trotzdem prächtig zu laufen. Das Umlaufvermögen der Black Friday GmbH lag im Jahr 2017 laut des aktuellsten Geschäftsberichts bei knapp 900.000 Euro, im Jahr zuvor sogar bei gut 1,1 Millionen Euro.

Darüber hinaus gebe es keine weitere Geschäftsbeziehung zum Unternehmen in Hongkong, betont die österreichische Firma. Einige Händler bezweifeln das. Sie befürchten, das Konstrukt der beiden könnte abgesprochen sein. Denn mögliche Schadenersatzansprüche müssten Händler an die Markeninhaberin in Hongkong richten – und könnten deshalb ins Leere laufen.

Seitenbetreiber Simon Gall setzte sich zuletzt gegen beide Firmen zur Wehr – mit Erfolg. Er konnte eine einstweilige Verfügung erzielen. Seitdem dürfen die Unternehmen gegenüber seinen Kunden nicht mehr behaupten, dass Gall mit seiner Werbung die Wortmarke „Black Friday“ verletzt. Das Geld habe er schon abgeschrieben. „Es geht mir um Gerechtigkeit“, sagt Gall. Und darum, den Ruf seiner Seite wiederherzustellen.

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