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Wirtschaft: Strom wird in Berlin fünf Prozent billiger

Vattenfall senkt die Preise, weil die Netzagentur die Leitungsgebühren kürzt. Der Kunde spart im Schnitt 24 Euro im Jahr

Berlin - Für 1,7 Millionen Haushalte in Berlin sinken mit sofortiger Wirkung die Strompreise. Das teilte Marktführer Vattenfall am Montag mit. Damit reagiert das Unternehmen auf einen Bescheid der Bundesnetzagentur, die die beantragten Gebühren für das Berliner Stromnetz um 15 Prozent gekürzt hatte. Am Endkundenpreis machen diese Netzgebühren rund ein Drittel aus. Deshalb profitieren auch die Verbraucher: Im Durchschnitt sinken die Strompreise um 4,9 Prozent, teilte Vattenfall mit (siehe Tabelle).

In den vergangenen Wochen und Monaten hatte die Bundesnetzagentur bereits zahlreiche Bescheide an andere Stromkonzerne versandt. Auch dort wurden die Netzentgelte zum Teil drastisch reduziert. Bei Vattenfall hingegen monierten die Kontrolleure bisher nur die Gebühren für die überregionalen Hochspannungsleitungen. Diese machen jedoch lediglich drei Prozent am Endkundenpreis aus. Weit wichtiger ist das lokale Vertriebsnetz – und genau das hat sich die Bundesnetzagentur nun vorgenommen.

„Das Unternehmen hat bei der Berechnung seiner Entgelte zum Teil erheblich höhere Kosten angesetzt, als tatsächlich anfallen“, heißt es bei der Netzagentur. Laut Energiewirtschaftsgesetz ist die Behörde verpflichtet, die Netzgebühren zu überprüfen – schließlich stellen Stromleitungen ein natürliches Monopol dar. Auf diese Weise soll der Wettbewerb auf dem Strommarkt verbessert werden.

Vattenfall gibt die niedrigeren Entgelte nun unverzüglich an die Kunden weiter. Dies war bei der Genehmigung der letzten Tariferhöhung im Mai durch den Berliner Senat so vereinbart worden. Für die Verbraucher bedeutet das eine spürbare Entlastung. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 2 300 Kilowattstunden wurden bisher im allgemeinen Tarif Berlin Klassik 491,72 Euro fällig. Mit den neuen Preisen zahlt der Kunde im gleichen Tarif künftig 467,80 Euro – also 23,92 Euro weniger pro Jahr.

„Wir halten Wort“, sagte Vertriebsvorstand Hans-Jürgen Cramer. „Unser Unternehmen hat immer betont, dass Kostenentlastungen an die Kunden weitergereicht werden.“ Insgesamt würden die Berliner Stromkunden um jährlich 52 Millionen Euro entlastet. Die Strompreissenkung wird bei der nächsten Jahresrechnung berücksichtigt. Dabei sollen die unterschiedlichen Preise während des Abrechnungszeitraums für die Kunden sichtbar ausgewiesen werden.

Neben Berlin gehört auch Hamburg zum Versorgungsgebiet des Unternehmens. Dort erwarte man in Kürze ebenfalls einen Bescheid der Netzagentur, sagte ein Sprecher.

Relevant sind die niedrigeren Netzentgelte nicht nur für Vattenfall, sondern auch für die Konkurrenz. Schließlich nutzen Nuon, Yello und Co ebenfalls die Leitungen des ehemaligen Monopolisten – und müssen dafür ein Netzentgelt entrichten. Weil diese Kosten nun sinken, könnten die Wettbewerber ihren Strom billiger anbieten. Noch halten sie sich allerdings bedeckt. „Niedrigere Netzentgelte haben wir in unseren Preis bereits mit eingerechnet“, heißt es zum Beispiel bei Nuon. Andererseits sieht sich das Unternehmen in direkter Konkurrenz zum Vattenfall Tarif Berlin Klassik. „Es ist unsere Grundphilosophie, stets billiger zu sein als Berlin Klassik“, hatte Nuon in der Vergangenheit betont. Eine Reaktion auf die Preissenkung des Marktführers ist deshalb nicht ausgeschlossen.

Etwas deutlicher wird der alternative Anbieter Lichtblick: „Wenn sich bei den Netzentgelten etwas ändert, werden wir versuchen, das an die Kunden weiterzu- reichen“, sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel.

Die etablierte Energiewirtschaft äußerte Kritik an der Bundesnetzagentur. Es bestehe die Gefahr, dass die Netzentgelte bei Strom und Gas zu stark gesenkt würden, sagte der Präsident des Bundesverbands der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW), Michael Feist. „Hier geht es auch um Jobs.“ Inzwischen hätten viele Versorger Auftrags- und Investitionsstopps angekündigt. Die Bundesregierung bekräftigte hingegen ihre Absicht, den Wettbewerb auf den Energiemärkten zu verstärken.

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