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Wirtschaft: Stromhändler werfen Konzernen Selbstbedienung vor

Durchleitungspreise sollen deutlich erhöht werden/Preiskontrollen durch die Bundesregierung gefordert

Berlin – Steigende Preise für die Nutzung der Stromnetze heizen den Streit um das geplante Energiewirtschaftsgesetz an. „Der deutsche Energiemarkt gleicht einem Selbstbedienungsladen“, kritisierte Hennig Borchers, Geschäftsführer des Bundesverbands neuer Energieanbieter (BNE), der vor allem Stromhandelsfirmen vertritt. Der Bundesregierung warf er vor, sie sehe tatenlos zu, wie Netzbetreiber durch ihre Preispolitik Konkurrenz „gezielt aus dem Markt“ drängten. Auch nach Ansicht des Bundesverbands der Verbraucherzentralen geht die Regierung zu lasch gegen „Selbstbedienung der Stromkonzerne“ vor.

Hintergrund sind Ankündigungen mehrerer Netzbetreiber, die Durchleitungspreise deutlich anzuheben, bevor das geplante Gesetz zur Verschärfung der Energiemarktaufsicht Anfang 2005 in Kraft tritt. Bereits im Juli waren Pläne von Vattenfall bekannt geworden, die Preise bei den (Fern) Übertragungsnetzen um bis zu 28 Prozent zu erhöhen. Ähnliche Vorstellungen hat RWE. Zudem verweist der BNE auf Briefe mehrerer Betreiber regionaler Verteilnetze, die künftig fünf bis 20 Prozent mehr berechnen wollen. Dabei rechtfertige eine Überwälzung der Mehrkosten auf der Übertragungsebene maximal Steigerungen um zwei Prozent.

Das Gesetz, das Ende Juli vom Kabinett beschlossen worden war, soll eigentlich für sinkende Netzpreise sorgen. Damit die Preise nicht weiter aus dem Ruder laufen, verlangt der BNE, ein „Vorschaltgesetz“ für strikte Preiskontrollen. Dieses müsse ab sofort regeln, „wann und in welcher Höhe die Preise für Netznutzung angehoben werden dürfen“, forderte Borchers. Auch die Grünen hatten noch im Frühsommer ein Vorschaltgesetz gefordert. Sie verfolgen dies nun aber nicht mehr weiter. „Wir sollten jetzt vor allem beim eigentlichen Gesetz aufs Tempo drücken“, sagte ihre energiepolitische Sprecherin Michaele Hustedt dem Handelsblatt. Sie appelliere an Opposition und Länder das Gesetzgebungsverfahren nicht zu verzögern. Nach dem Entwurf des neuen Energiewirtschaftsgesetzes soll die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post auch die Betreiber der Strom- und Gasnetze kontrollieren. Die Netznutzungsentgelte machen im Durchschnitt rund ein Drittel der Stromrechnung aus. In der Summe belaufen sie sich in Deutschland auf etwa 30 Milliarden Euro pro Jahr. dc/HB

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