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Wirtschaft: Stromindustrie rechnet mit weiter steigenden Preisen

VDEW: Milliarden-Investitionen in Kraftwerke müssen bezahlt werden

Berlin (fo). Die Energiewirtschaft rechnet mit steigenden Strompreisen. Bereits zur Jahreswende hatten die meisten Stromversorger ihre Tarife für Privatkunden und kleine Gewerbebetriebe erhöht und waren damit auf massive Kritik von Verbraucherverbänden gestoßen. Auch Kartellamtspräsident Ulf Böge kritisierte die Preispolitik der Stromkonzerne im Tagesspiegel als „nicht nachvollziehbar“. Begründet wird der weitere Anstieg vom Branchenverband VDEW vor allem mit dem hohen Investitionsbedarf für Stromnetze und Kraftwerke. Der Verband der Industriellen Energie und Kraftwirtschaft (VIK), der die Interessen von Großabnehmern vertritt, erwartet schon in diesem Jahr einen erneuten Preissprung. „Die große Welle kommt erst noch“, sagte VIK-Geschäftsführer Alfred Riechmann.

Nach Angaben des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) müssen in den nächsten zwei Jahrzehnten 40 000 bis 50 000 Megawatt Kraftwerksleistung neu gebaut werden, was etwa 40 Großkraftwerken entspräche. Ersetzt werden müssten veraltete Braunkohle- oder Steinkohlekraftwerke sowie Kernkraftwerke (20 000 Megawatt), die nach dem Atomkompromiss zwischen Regierung und Energiewirtschaft abgeschaltet werden sollen. Den Investitionsbedarf bezifferte VDEW-Präsident Werner Brinker am Donnerstag in Berlin auf 30 bis 40 Milliarden Euro. Mit den jetzigen Strompreisen seien diese Kraftwerke nicht zu finanzieren. Prognosen wollte Brinker aber nicht abgeben.

„Es gibt keine ideale Energie“

Wolfgang Pfaffenberger, Chef des Bremer Energie Instituts, sagte, mit 25 Euro hätten die Großhandelspreise für Strom im Jahr 2002 deutlich unter den für Neubauten notwendigen Preisen von 30 bis 35 Euro pro Kilowattstunde gelegen. Nach Angaben aus der Energiebranche haben die Preise an der Leipziger Strombörse inzwischen dieses Niveau fast erreicht. In einem Gutachten für die Energiewirtschaft kommt Wissenschaftler Pfaffenberger zu dem Ergebnis, dass es „keinen idealen Energieträger“ als Ersatz gibt. Kohlekraftwerke lieferten zwar zuverlässig große Mengen Strom, belasteten aber die Umwelt stark durch Kohlendioxid-Emissionen. Regenerative Energieformen seien zwar umweltschonend, „tragen aber zur Deckung der Leistungsanforderungen nur wenig bei“, weil sie nur wenige Stunden im Jahr Strom lieferten. Braunkohlekraftwerke werden nach seinen Angaben durchschnittlich 7000 Stunden genutzt, Windräder kämen nur auf knapp 1500 Stunden.

Pfaffenberger fordert „kalkulierbare Rahmenbedingungen“ von der Politik. „Kohlesubventionen und die gleichzeitige Förderung der erneuerbaren Energie passen einfach nicht zusammen.“ Und Verbandspräsident Brinker drängt aufs Tempo. Denn die Planungen für neue Kraftwerke müssten wegen der langen Genehmigungszeiten jetzt dringend beginnen. „Versorgerungsicherheit“, so warnte er allerdings, „ist keine Selbstverständlichkeit und nicht zum Nulltarif zu gewährleisten“. Brinker warnte die Politik davor, zu stark in die unternehmerische Freiheit – und damit in die Gestaltung der Strompreise – einzugreifen.

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