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Wirtschaft: Stromtarife ziehen kräftig an

Überregionale Händler bieten nur noch geringe Vorteile / Mittelständler und Industriekunden sollen bis zu 30 Prozent mehr zahlen

Berlin (fo). Die Strompreise werden nach Einschätzung von Experten im kommenden Jahr um sechs bis acht Prozent steigen. Nach den Berechnungen der Berliner Firma Stromtip müssen Privatkunden sechs bis sieben Prozent mehr auf den Tisch legen. Gewerbliche Kunden und Industrieunternehmen werden Tariferhöhungen bis zu 30 Prozent präsentiert, berichtet das Beratungsunternehmen Nus Consulting aus Düsseldorf. Im Durchschnitt steigt die Rechnung für das Gewerbe aber nur um etwa acht Prozent, berichtet Ralf Ridzewski von Nus.

Die Marktbeobachter sind sich darüber einig, dass die Zeiten sinkender Strompreise endgültig vorbei sind. Im Gegenteil. Die Preise ziehen kräftig an. Einschließlich Steuern und Abgaben bezahlt ein Durchschnittshaushalt heute pro Monat mit rund 50 Euro genau so viel wie vor der Liberalisierung des Strommarktes 1998. Damals kamen neue Anbieter auf den Markt, jeder Energieversorger durfte Strom auch in den Versorgungsgebieten der Konkurrenz verkaufen.

Inzwischen hat sich der Markt gedreht. Mehrere so genannte Billigstromanbieter sind vom Markt verschwunden. Gerade erst stellt die Bewag-Tochter Best Energy ihre Geschäftstätigkeit ein. Und vor allem in diesem Jahr haben der heiße Sommer, die Stromausfälle in mehreren Ländern sowie der Irak-Krieg die Preise an der Leipziger Strombörse nach oben getrieben. Die großen Energiekonzerne Eon und Vattenfall begründen steigende Verkaufspreise auch damit, dass sie wegen der schnell wachsenden Windenergie in Deutschland ebenso schnell steigende Kosten zur Stabilisierung ihrer Netze haben. Allein für diese beiden Unternehmen wird der Aufwand auf mehrere hundert Millionen Euro geschätzt.

Im Zuge der allgemeinen Preissteigerungen nehmen auch die Preisvorteile vermeintlicher Billigstromanbieter ab. „Die Bewag“, sagt Stephan Scherfenberg von Stromtip, „ist inzwischen gar nicht mehr so teuer, weil die Konkurrenten kräftig angezogen haben“. Hinzu kommt, laut Scherfenberg, dass es kaum noch bundesweite Anbieter gebe. Dazu zählen der Marktführer Yello oder die Ökostromfirmen Naturenergie und Lichtblick. Die meisten Stromanbieter verkaufen nach seinen Angaben inzwischen aber nur noch in einzelnen Regionen. Vor allem gibt es keine bundesweit geltenden Tarife mehr wie zum Start der Liberalisierung. Hauptgrund dafür sind die sehr unterschiedlichen Durchleitungspreise, die die Netzmonopolisten in den einzelnen Regionen von ihren Konkurrenten verlangen. Deshalb müssen die überregionalen Anbieter für jede Region einzeln kalkulieren. Der Streit um die Durchleitungsgebühren beschäftigt unterdessen auch das Bundeskartellamt. Von den Tariferhöhungen besonders stark betroffen sind in diesem Herbst die gewerblichen Kunden, die in der Regel jährlich neue Verträge abschließen. Seit September läuft eine regelrechte Beschaffungsralley, sagt Nus-Experte Ridzewski. „Es kommt inzwischen nicht mehr darauf an, bei wem ich kaufe, sondern nur noch wann.“ Wer beispielsweise im Sommer seinen Liefervertrag verlängern musste, sei noch mit fünf Prozent dabei weggekommen. Wenige Monate später hätten Energieversorger ihre Gewerbekunden mit Preiserhöhungen bis zu 30 Prozent konfrontiert.

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