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Wirtschaft: Studio Babelsberg soll hanseatisch werden

NDR-Tochter Studio Hamburg bekommt offenbar Zuschlag für legendäre Filmfabrik – Vivendi-Management pokert noch

Berlin - Das Filmstudio Babelsberg soll an die NDR-Tochter Studio Hamburg verkauft werden. Das erfuhr der Tagesspiegel aus Verhandlungskreisen. Der französische Konzern Vivendi Universal, seit 1992 Eigentümer der legendären aber unprofitablen Studios, sucht schon länger einen Käufer. Man sei sich „sehr, sehr sicher“ den Zuschlag für Babelsberg zu bekommen, hieß es am Freitag in Hamburger Unternehmenskreisen. Medienexperten und die brandenburgische Landesregierung favorisieren den Ableger des öffentlich-rechtlichen NDR, der die Sicherheit gebührenfinanzierter Produktionen nach Babelsberg mitbringen soll.

Studio Hamburg gehören bereits die Fernseh-Ateliers in Berlin-Adlershof. Außerdem betreibt das Unternehmen mit Vivendi vier Studios im Babelsberger Fernsehzentrum, wo TV-Serien wie die RTL-Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ entstehen. Eine Entscheidung über den Verkauf des Filmstandorts soll offenbar noch bis Ende des Monats fallen. „Paris will eine schnelle Lösung“, heißt es. Offiziell wollten sich weder Vivendi noch Studio Hamburg zum Stand der Verhandlungen äußern. „Wir sprechen über alles, was Vivendi verkaufen will“, sagte eine Studio-Hamburg-Sprecherin lediglich. Zum Verkauf stehen neben den Studios auch ein Kopier- und ein Abtastwerk.

Dem Vernehmen nach sieht das Angebot der Hamburger einen negativen Kaufpreis vor: Da Babelsberg eine alte Steuerschuld in zweistelliger Millionenhöhe und Auflagen der früheren Treuhandanstalt belasten, will die NDR-Tochter zwischen 40 und 50 Millionen Euro für die Übernahme kassieren. Von den ursprünglich verlangten 60 Millionen Euro sind die Hamburger abgerückt. Stattdessen soll der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zu einem geringen Prozentsatz – man spricht von zehn Prozent – an Babelsberg beteiligt werden. Das Interesse des RBB wird aber als gering eingeschätzt.

Die Preisvorstellungen der Hanseaten könnten den Deal mit Vivendi in letzter Minute noch gefährden. Denn hinter den Kulissen pokert ein zweiter Bieter um den Zuschlag für Babelsberg: Studiochef Thierry Potok will Babelsberg auf dem Wege eines Management-buy-outs übernehmen. Potok würde sich nach Insiderinformationen mit einem Negativkaufpreis von 20 bis 25 Millionen Euro begnügen.

Aus dem Vivendi-Umfeld ist zu hören, intern sei Potok deshalb noch nicht aus dem Rennen, zumal es dem Franzosen zuletzt gelang, internationale Großproduktionen („Enemy at the Gates“, „Beyond the Sea“) nach Babelsberg zu holen. Vor zehn Tagen reisten Potok und Vertreter des Studio Hamburg nach Paris, um den Vivendi-Beratern – der Investmentbank Lazard – ihre Konzepte zu präsentieren. Die Banker verlangten mehr Details, die kommende Woche nachgereicht werden.

Beobachter bezweifeln, dass Potok ein langfristiges Interesse am Filmstandort hat. „Potok will die Immobilien gewinnbringend vermarkten“, sagt ein Beobachter. „Hier geht es um das schnelle Geld.“ Die brandenburgische Landesregierung, die im September wiedergewählt werden will, hatte den Verkauf an die NDR-Studios favorisiert. Das Land hatte Babelsberg mit Fördergeldern und Bürgschaften in Millionenhöhe unter die Arme gegriffen. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns reiste vor sechs Wochen persönlich nach Paris, um den Vivendi-Vorstand für einen Verkauf an Studio Hamburg zu gewinnen. „Ein Scheitern des Deals vor der Wahl kann sich die Landesregierung nicht leisten“, sagte ein Insider.

Medienexperten halten ein Engagement von Studio Hamburg nicht nur medienpolitisch für sinnvoll. „Babelsberg braucht einen langfristig und unternehmerisch denkenden Investor“, sagte Bernd Schiphorst. Der ehemalige Medienbeauftragte für Berlin-Brandenburg hatte sich in seiner Amtszeit für die NDR-Tochter stark gemacht. „Der Einstieg von Studio Hamburg wäre eine zukunftsträchtige Lösung“, glaubt auch Friedrich-Karl Wachs, bis 2000 Geschäftsführer des Studio Babelsberg und heute Strategie-Vorstand des Bezahlsenders Premiere. Nach dem Eigentümerwechsel sei ein Stellenabbau aber wahrscheinlich. Studio Babelsberg beschäftigt 250 Mitarbeiter. Nach einer McKinsey Studie müsste etwa die Hälfte entlassen werden.

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