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Nach der Landtagswahl sehen sich die Stuttgart 21-Gegner mit ihrem Protest schon fast am Ziel.

© Reuters

Stuttgart 21: Bahn macht grüne Träume wahr

Konzern stoppt den Bau des umstrittenen Tiefbahnhofs Stuttgart 21 – die Gegner peilen nun einen endgültigen Ausstieg an.

Berlin - Genau das hatten sich die Gegner von Stuttgart 21 von der Wahl in Baden-Württemberg erhofft. Zwei Tage nach dem Sieg der Grünen beschloss die Bahn einen Baustopp für das umstrittene Projekt. Man werde vorerst keine neuen Arbeiten durchführen und keine Aufträge vergeben, erklärte der Konzern am Dienstag. Die Bahnhofskritiker wähnen sich nun am Ziel und fordern, die für das Projekt eingeplanten 4,1 Milliarden Euro für andere Strecken auszugeben.

Man werde bis zum Amtsantritt der neuen Regierung im Mai keine neuen Fakten schaffen – „weder in baulicher Hinsicht noch bezüglich der Vergabe von Aufträgen“, sagte Bahn-Vorstand Volker Kefer. Man wolle aber weiterhin „mit Hochdruck“ an dem Stresstest arbeiten, der die Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs beweisen soll. Der Vertrag über Stuttgart 21 gelte unabhängig davon. „Schließlich ist das Land Baden-Württemberg und nicht die jeweilige Landesregierung unser Vertragspartner.“ Auch der Bund, die Stadt Stuttgart, der Flughafen und der Regionalverband sind beteiligt.

Stuttgart 21 war eines der zentralen Wahlkampfthemen. Der bisherige Kopfbahnhof soll nach den Plänen in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof umgebaut und so leistungsfähiger werden. Kritiker zweifeln daran. Nach zum Teil erbitterten Protesten hatte es zwischen Gegnern und Befürwortern eine Schlichtung unter der Leitung von Heiner Geißler gegeben. Am Ende hatte er verlangt, die Leistungsfähigkeit des Bahnhofs noch einmal zu prüfen. Sie soll um 30 Prozent höher liegen als beim derzeitigen Bahnhof.

Die Wahlsieger Winfried Kretschmann (Grüne) und Nils Schmid (SPD) begrüßten die Ankündigung. „Es ist nur folgerichtig, dass in der derzeitigen Situation keine weiteren Fakten geschaffen werden dürfen.“ Nach einem Stresstest müsse das Volk entscheiden. Das Kalkül der Gegner ist es, im Zuge des Stresstests Nachbesserungen durchzusetzen, die das Projekt weiter verteuern. Danach sollen die Bürger entscheiden – im Lichte neu berechneter Kosten und Nutzen.

Baubeginn für den Bahnhof war vor einem Jahr. Bislang wurden der Nordflügel des alten Gebäudes abgerissen, Bäume verpflanzt und Vorbereitungen für das Grundwassermanagement getroffen. Zuletzt soll die Bahn kurz vor der Vergabe eines Großauftrags gestanden haben, der den Bau des Tunnels vom Flughafen zur City umfasst hätte. Die Kosten für einen Baustopp hatte Bahn-Chef Rüdiger Grube im vergangenen Herbst auf 2,5 Millionen Euro pro Woche taxiert. Die Angaben über die Kosten eines kompletten Ausstiegs gehen auseinander: Die Bahn nennt mindestens 1,5 Milliarden Euro, hinzu käme die Sanierung der maroden Gleise. Die Gegner rechnen mit 500 Millionen.

Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) nannte den Baustopp „richtig“. Er drohte indirekt, das zugesagte Geld in andere Vorhaben zu stecken. „Sollte die künftige Landesregierung das Projekt stoppen, müssen auch wir die Konsequenz ziehen.“ Die Grünen fordern, das Geld an anderer Stelle zu investieren. „Es gibt viele Projekte in Baden-Württemberg, die man schneller und besser bauen könnte“, sagte Winfried Hermann, der den Bundestags-Verkehrsausschusses leitet, dem Tagesspiegel. Als Beispiele nannte er den Ausbau der Strecke im Rheintal, die Südbahn von Ulm nach Friedrichshafen und die Gäubahn von Stuttgart nach Singen. Darüber müssten SPD und Grüne in den Koalitionsverhandlungen entscheiden. Auch der Grünen-Verkehrsexperte Anton Hofreiter forderte den Ausbau der Rheinschiene. „Das Projekt hat oberste Priorität, der Bedarf ist groß, die Strecke ist die am stärksten belastete in Deutschland“, sagte er. Die Bürger brauchten dringend vernünftigen Lärmschutz.

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