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Subway: Der Laden läuft wie geschmiert

Wie Franchise-Unternehmen funktionieren – und wie die richtigen Partner zueinanderfinden. Das Beispiel Subway zeigt, wie es geht.

Mathias Thalmann kennt seine Kunden. Auch die, die er nie zuvor gesehen hat. Schlafwandlerisch. Das ist sein Geheimnis. „Sie nehmen am liebsten Huhn, richtig?“, fragt er und beugt sich mit einer routinierten Handbewegung zu den leckeren Alternativen in der Glastheke. „Richtig.“ „Kann ruhig bisschen scharf sein, wa?“ „Richtig.“ Jetzt geht es um die Krönung des Baguettes, das Thalmann belegt. „Salat! Von allem ein bisschen, aber pikant mit Peperoni, richtig?“ „Richtig!“ Jetzt das noch warme Baguette mit der oberen Hälfte gedeckelt, fertig. Und schmeckt.

Mathias Thalmann hat wieder den Weg zu einem seiner Kunden gefunden. Und zu sich selbst. Vor allem: der Kunde zu ihm. Das war nicht immer so. Denn der 51-jährige Franchisenehmer hat 2009 eine fulminante Pleite hingelegt. Völlig unverschuldet. Auch die Fast- Food-Kette Subway konnte nichts dafür, dass er seinen 2004 eröffneten Laden am Checkpoint Charlie nicht halten konnte.

Wer war schuld? „Det war der Schröder, die Roten mit den Jrünen, mit ihre neuen Paragrafen“, berlinert Thalmann. Nach Paragraf 111 der Insolvenzordnung kann der Erwerber eines Insolvenzobjektes das Miet- oder Pachtverhältnis binnen der gesetzlichen Frist kündigen. Das passierte Thalmann am Checkpoint Charlie in einem Gewerbeobjekt, in dem er langfristig einen Laden gemietet hatte. Der neue Erwerber nahm sein Sonderkündigungsrecht wahr – Thalmann stand mit Ladeneinrichtung vor der Tür.

„Vielleicht war die Bindung zu dem Betrieb auch zu stark gewesn“, erinnert sich Thalmann. „Ick hab’ keene Riesen-Schulbildung, war in der DDR Kraftfahrer, nach der Wende Taxifahrer – eine Branche, die einen schlechten Ruf hat.“ Und doch hatte es Thalmann am Checkpoint Charlie geschafft. Der Laden lief. „Ick als Ossi war im Westen angekommen. Aus aller Herren Länder hab’ ick Leute bedient und beschäftigt. Ick war erfolgreich jewesen.“ Und plötzlich? „Hat’s ,puff‘ jemacht, allet wech!“ Mitarbeiter, Kunden, Existenzgrundlage.

Thalmanns Frau blieb. Und er begann von vorn. Zunächst lebte er von Rücklagen. „Ick wollte ’ne neue Chance, aber ick war ooch ein bisschen burnout.“ Thalmann schnappte sich sein Fahrrad und flog – ausgestattet mit zwei Ersatzschläuchen, ohne Frau, ohne Englischkenntnisse – in die USA. Nach Florida. „Weil es da noch schön warm war, im Februar“, sagt er. „Außerdem musst’ ick mir mit die Unjerechtigkeit versöhn’.“ Und so radelte er los und kam bei sich selbst an. Da fuhr er zurück. „Es war rund.“

Subway bot Thalmann eine neue Chance und half – unüblich genug – bei der Finanzierung. Das bundesweit erste Subway-Restaurant (Kurfürstendamm 180) sollte wiederbelebt werden. Mit Thalmann an der Spitze. Die Location war zwischenzeitlich an einen Subway-Franchisenehmer gegangen, der gegen seinen Vertrag verstoßen und auch anderes verkauft hatte. Und da erinnerte sich Subway gerne an den verlässlichen Franchisenehmer mit dem Beharrungsvermögen einer deutschen Eiche, an ihren Thalmann.

Der musste erst einmal schlucken. Hier, am Olivaer Platz, hatte Thalmann in der Nacht nach der Maueröffnung 1989 zum ersten Mal in seinem Leben in einem Mercedes gesessen. Das Taxi hatte an einer Bushaltestelle, die es heute noch gibt, angehalten und die Menschen gefragt, wohin sie wollten. Na, alle zurück nach Ost-Berlin. Thalmann musste nach seinem Ku’damm-Bummel gar nach Marzahn. Der Taxifahrer sagte: „Kommt ’rin – ick fahr’ euch. Umsonst!“

Thalmann stieg ein. „Für mich muss jede Entscheidung emotional sein, wenn sie von Bedeutung sein soll“, sagt er, und meint den Standort. Schon zum Checkpoint Charlie hatte er eine emotionale Bindung, als die Mauer noch stand, war sein Arbeitsplatz nicht weit von dort. Den Standort hatte er sich selber gesucht. „Der Kurfürstendamm erschien mir dennoch immer unerreichbar. Jetzt schließt sich der Kreis“, sagt Thalmann und schaut auf die Bushaltestelle.

Auch am Kurfürstendamm gehört die Ladeneinrichtung dem Franchisenehmer Thalmann. Es ist vorgeschrieben, wie sie auszusehen hat. Schließlich geht es hier nicht um Kraut und Rüben, sondern um Appetitliches – und alle Läden von Subway sollen denselben Standard haben. Die Produkte bezieht Thalmann nicht über Subway, sondern eine Einkaufsgenossenschaft. Auch die Produkte sind vorgegeben. Teile des Umsatzes „gehen an das System“, sagt Thalmann. Die Werbung wird anteilig bezahlt, „solidarisch“ wie Thalmann betont. Er steht hinter dem Unternehmen, wurde unlängst zum „Subway-Unternehmer des Jahres 2010“.

Er und alle anderen Franchisenehmer besuchen immer wieder Schulungsseminare – „das ist den regionalen Fürsten überlassen, wie sie das ausgestalten“. Die Gebietsleiter vergeben allerdings durchaus keine Lizenzen zum Gelddrucken. „Man agiert zwar unter einer Marke“, erklärt Thalmann, „aber die ist keine Garantie für den Erfolg. Man muss sich den eigenen Arbeitsplatz schaffen.“ Und das geht natürlich nur mit Lust und Laune. Ein großes Problem für Franchisegeber wie Subway sind unzufriedene Lizenznehmer, die sich mehr versprochen hatten. Es gehe nicht nur darum, das Geldverdienen zu lieben, sondern vor allem auch die Arbeit, die Kunden, das Produkt.

„Wie waren Sie denn überhaupt auf Subway gekommen, Herr Thalmann?“ Nun, die Kinder seien groß gewesen, er habe noch einmal etwas anderes in seinem Leben machen wollen als Taxi zu fahren. Und im Januar 2004 habe sein Sohn ihn in einen Subway-Laden mitgenommen. Das wäre doch was! Fand Vater auch – und nahm Kontakt zu Subway auf.

Manchmal kann es ein Jahr dauern, bis es losgeht. „Schulung, Standortsuche und so. Doch damals wurde noch viel improvisiert. Bei mir war der Erstkontakt im Januar. Im September habe ich dann aufgemacht. Zwar war bereits im Mai alles ausverhandelt, allerdings noch nicht unterschrieben.“ Thalmann brauchte noch ein wenig Zeit zum Überlegen. „Schließlich hatte ich etwas Faszinierendes aufzugeben.“ Er war gern Taxifahrer. Außerdem wird bei Thalmann jede wichtige Entscheidung emotional gefällt. Während er über den Vertrag nachdachte, fuhr er weiter Taxi. „Bis mir jemand hinten reinfuhr. Wirtschaftlicher Totalschaden. Das war ein Zeichen, etwas Neues zu machen.“

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