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Wirtschaft: Sünderkartei für schwarze Schafe

Nach den Problemen bei der Bundesagentur für Arbeit regen Unternehmensberater neue Verhaltensregeln an

Berlin (fo/ce). Führende Unternehmensberatungen haben sich im Vorfeld der Bundestagsdebatte über die umstrittenen Beraterverträge der Bundesagentur für Arbeit (BA) für gemeinsame Verhaltensregeln ausgesprochen. Die Berater von Roland Berger und McKinsey, die maßgeblich von den Aufträgen der BA profitieren, sagten dieser Zeitung, dass die Diskussion über die Vergabe öffentlicher Aufträge richtig sei. Sie müsse dazu führen, dass Verwaltungen künftig ihren Beratungsbedarf besser und passender ausschreiben könnten.

Der bisherige Chef der BA, Florian Gerster, war wegen angeblicher Unregelmäßigkeiten bei Aufträgen für Unternehmensberater am vergangenen Samstag entlassen worden. Wochen zuvor war bekannt geworden, dass in der Vergangenheit auch im Verteidigungsministerium Beratungsleistungen allzu freihändig eingekauft worden sind. Weil für die Unternehmensberater aber das Geschäft mit Ämtern und Behörden immer wichtiger wird, haben auch sie ein Interesse an transparenten und nachvollziehbaren Regeln.

Die Unternehmensberatung McKinsey, die das größte Mandat bei der BA hat, begrüßt die Debatte, die Vergaberichtlinien neu zu gestalten. Axel Born, McKinsey-Direktor in Düsseldorf, sagte dem Tagesspiegel: „Einige Institutionen der öffentlichen Verwaltungen behandeln Management-Beratung wie den Bau einer Brücke. Das ist fatal. Denn das Hauptthema bei der Beratung ist die gründliche Problemformulierung. Diese Problemdefinition wird aber durch die Vergabeverfahren gar nicht abgedeckt.“

Jobst Fiedler, Verwaltungs-Experte bei dem Beratungsunternehmen Roland Berger, schlägt den Verwaltungen sogar eine Sünderkartei vor, mit der schwarze Schafe ausgesiebt werden könnten. „Bei der öffentlichen Auftragsvergabe wäre eine Sünderkartei sinnvoll“, sagte Jobst Fiedler, Partner bei Roland Berger, dem Tagesspiegel. Fiedler fordert auch eine Art Selbstverpflichtung für die Branche: „Es muss interne Regeln geben, wie man sich im Umgang mit öffentlichen Verwaltungen richtig und korrekt verhält“, sagte Fiedler. Die Firma Roland Berger verfüge bereits über solche Regeln.

Entscheidend für die Auftragsvergabe sei, dass die Auftraggeber in jedem Fall Wettbewerb herstellen müssten. Quer durch die Verwaltungen in Deutschland werde durchaus der Versuch unternommen, die Vergabe von Aufträgen ausführlich und sorgfältig im Wettbewerb abzuwickeln, sagte Fiedler.

Das Grundproblem sei in der Regel nicht die freihändige Vergabe von Aufträgen. Die Verfahren seien aber häufig sehr aufwendig. „Unser hoch kompliziertes Vergaberecht regelt den Schraubeneinkauf ebenso wie große Aufträge“, beklagt auch Fiedler. Viele Verwaltungen benötigten im Prinzip eine dauernde Rechtsberatung in ihrer Anwaltskanzlei, um nicht gegen irgendeinen Punkt des Vergaberechts zu verstoßen.

Personalberater Jochen Kienbaum fordert, dass „Berater grundsätzlich nur Aufträge annehmen sollten, die sie auch lösen können“. Einen besonderen Vergabekodex für die Branche hält er allerdings nicht für notwendig. Das sei Sache der öffentlichen Auftraggeber. „Das sollte man nicht auf die verlagern, die sich um einen Auftrag bewerben.“

Kienbaum verwies gegenüber dem Tagesspiegel zudem auf die Leitlinien des Bundes Deutscher Unternehmensberater (BDU). Diese Leitlinien gebe es seit 50 Jahren und sie reichen nach Meinung des Verbandes aus, um das Verhältnis zwischen Berater und Auftraggeber zu regeln. Es gebe sogar Gerichtsurteile, die sich auf diese „etablierten Grundsätze“ berufen, sagte ein Sprecher des BDU. Öffentliche Berateraufträge werden seit 1999 nach der Verdingungsordnung für freiberufliche Leistungen vergeben. Der Verband hält das für „völlig ausreichend“. Auch wenn eingeräumt wird, dass diese Vergaberichtlinien in einigen Behörden und Verwaltungen noch nicht „umfassend und detailiert“ angewendet würden. Da gebe es sicher noch Aufklärungsbedarf. Neue Regeln hält der BDU aber für überflüssig.

Berger-Berater Fiedler sprach sich für mehr Transparenz bei der öffentlichen Auftragsvergabe aus. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) hätte aus seiner Sicht gleich zu Beginn offensiv erklären sollen, welche Berater in den Umbauprozess der BA eingeschaltet worden sind. Wichtig ist nach Ansicht der Berater auch, dass die Verwaltungen offen klären, wie sie mit Sachverständigen umgehen wollen, die in Expertenkommissionen beratend tätig waren, sich anschließend aber auch um Aufträge der entsprechenden Behörden bewerben wollen.

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