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Wirtschaft: Supermärkte leihen sich ihre Nachtschicht Reichelt und Kaiser’s sparen die Zuschläge

Berlin - Wenn die Sonne langsam untergeht, rücken beim Reichelt-Supermarkt in der Berliner Straße die Nachtarbeiter an. Erst werden um 19 Uhr die Kassierer durch externe Arbeitskräfte abgelöst, dann kommt um ein Uhr nachts ein frisches „Füllteam“, um die Lücken in den Regalen mit neuer Ware zu schließen.

Berlin - Wenn die Sonne langsam untergeht, rücken beim Reichelt-Supermarkt in der Berliner Straße die Nachtarbeiter an. Erst werden um 19 Uhr die Kassierer durch externe Arbeitskräfte abgelöst, dann kommt um ein Uhr nachts ein frisches „Füllteam“, um die Lücken in den Regalen mit neuer Ware zu schließen. Um acht Uhr morgens übernimmt dann das Stammpersonal wieder die Regie.

Seit der Reichelt-Markt als erster Berliner Einzelhändler die Türen rund um die Uhr geöffnet hat, arbeitet das Unternehmen mit dem Personaldienstleister ISS zusammen. Der Einsatz von Leiharbeitern erspare dem eigenen Personal zusätzliche Belastungen, sagt Vertriebschef Wolfgang Schulz und versichert, dass der Betriebsrat zugestimmt habe. Und: Die zur Edeka-Gruppe gehörenden Handelskette kommt so auch um die teuren Spät- und Nachtzuschläge herum, die laut Tarifvertrag fällig würden.

Im Kaiser’s-Markt an der Zossener Straße, der wie insgesamt sieben Berliner Filialen werktags bis 24 Uhr geöffnet hat, übernimmt abends der Personaldienstleister Easy-Work. Offiziell will eine Kaiser’s-Sprecherin das nicht bestätigen. Es werde „weitestgehend eigenes Personal eingesetzt“, außer bei Engpässen.

Verdi befürchtet, die Ausnahme könnte Schule machen. „Das ist ein Thema, das sich auswächst“, sagte die Berliner Verhandlungsführerin Erika Ritter dem Tagesspiegel am Sonntag. Fremdkräfte, fordert sie, müssten die Ausnahme bleiben. Und dann bezahlt werden wie feste Kräfte. Noch ist der Unterschied groß. Während Schulz betont, er zahle für die Leiharbeiter Tarif, nur ohne Zuschläge, heißt es bei Verdi, die Aushilfen bekämen nur 6,25 Euro pro Stunde. Einem festangestellten Verkäufer stünden tarifvertraglich 12,36 Euro zu. Nach 18.30 Uhr müssten die Arbeitgeber 20 Prozent drauflegen, nach 20 Uhr 50 Prozent. „Auf diesem Weg versuchen die Arbeitgeber offensichtlich, uns das Wasser abzugraben“, sagt Ritter. Die Händler bestreiten das nicht. „Wenn die Gewerkschaft sich bei den Zuschlägen nicht kooperativ zeigt, halte ich das für eine denkbare Option“, sagt Nils Busch-Petersen, Chef des Einzelhandelsverbandes Berlin-Brandenburg. Den Arbeitgebern sind die Zuschläge zu teuer geworden – zumal seit der weitgehenden Freigabe der Öffnungszeiten. Zum Jahresende 2006 hatten die Arbeitgeber den Manteltarifvertrag gekündigt.

Was das für die laufende Tarifrunde bedeutet, haben die Arbeitgeber am Freitag im Pilotbezirk Nordrhein- Westfalen formuliert. Demnach bieten sie 1,7 Prozent mehr Lohn – allerdings nur, wenn die Gewerkschaft Einschnitten bei den Spät-, Nacht- und Sonntagszuschlägen zustimmt. Verdi lehnt das ab – und fordert 4,5 Prozent mehr Lohn. In Berlin haben die Arbeitgeber nach ersten Warnstreiks vergangene Woche die für Freitag geplante dritte Verhandlungsrunde abgesagt, einen neuen Termin gibt es noch nicht. Dafür aber wohl neue Warnstreiks: „Ich gehe davon aus, dass es in der kommenden Woche weitere Warnstreiks gibt“, sagt Ritter und nennt als wahrscheinliche Kandidaten Rewe, Kaiser’s, Penny, Ikea und „einige kleinere Märkten“. Darüber abstimmen will die Tarifkommission an diesem Montag. Maren Peters

Maren Peters

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