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Eine Einheit: Arbeitgeberpräsident Hundt (links) und DGB-Chef Sommer.

© dpa

Tarifeinheit: Konzertierte Aktion für ein Prinzip

Sozialpartner und Politik wollen das Prinzip der Tarifeinheit retten. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt und DGB-Chef Michael Sommer stellten dazu am Freitag in Berlin eine Gesetzesänderung vor, mit der das Prinzip „ein Betrieb, ein Tarifvertrag“ auch künftig gelten soll.

Berlin - Am Donnerstag hatten die beiden Spitzenfunktionäre Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über ihren Plan informiert und dabei eine „sehr positive Resonanz“ (Hundt) erhalten. Im Arbeitsministerium von Ursula von der Leyen (CDU) hieß es zu dem Thema, das Ende der Tarifeinheit könne „negative Auswirkungen auf die in Deutschland erfolgreich praktizierte Sozialpartnerschaft haben“. Auch seien „erhebliche Beeinträchtigungen für Konsumenten“ zu befürchten. Damit spielte das Ministerium auf die Auseinandersetzung bei der Bahn an, wo vor drei Jahren die Lokführer erstmals für einen eigenen Tarifvertrag streikten und über viele Monate den Bahnverkehr erheblich beeinträchtigten.

Seitdem ist Schwung in das Thema gekommen. Bislang gibt es die Tarifeinheit allein auf Grundlage der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, obgleich sie ein Kernbestand des deutschen Tarifsystems ist. Doch das Bundesarbeitsgericht wird aller Voraussicht nach in drei Wochen die Tarifeinheit per Rechtsprechung aufheben, unter anderem mit Hinweis auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit, das mehreren Gewerkschaften den Abschluss von Tarifverträgen in einem Betrieb ermöglichen soll. Als Folge des Urteils rechnen Gewerkschaften und Arbeitgeber mittelfristig mit immer mehr Sparten- oder Berufsgewerkschaften, die dann für ganz bestimmte Gruppen Tarifverträge aushandeln wollen – und gegebenenfalls erstreiken. Für die Arbeitgeber ist das der Horror, denn Dauerkonflikte im Betrieb wären möglich.

Bislang kennt man das nur von der Lufthansa und der Bahn, wo jeweils drei Gewerkschaften aktiv sind und zumindest zum Teil ihre eigene Tarife aushandeln. Doch glaubt man dem Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände (BDA), Reinhard Göhner, bereiten sich weitere Gruppen wie Feuerwehrverbände und Ingenieure an Flughäfen auf das Tarifgeschäft vor. Göhner sieht bereits „englische Verhältnisse“ aufziehen, wenn die Tariflandschaft „zersplittert“. Dagegen setzen die Sozialpartner nun eine Änderung des Tarifvertragsgesetzes: Wenn es in einem Betrieb mehrere Tarifverträge gibt, so soll künftig nur der Tarif von der Gewerkschaft gelten, die in dem Betrieb die meisten Mitglieder hat. Für die Laufzeit des Tarifvertrags ist, wie immer bei Tarifverträgen, die Friedenspflicht einzuhalten; es darf also während der Laufzeit nicht gestreikt werden. Doch DGB und BDA wollen nun diese Friedenspflicht auch auf die anderen Tarifverträge beziehungsweise Gewerkschaften ausdehnen.

Der DGB-Chef und der Arbeitgeberpräsident stellten am Freitag heraus, dass auch künftig in einem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge für unterschiedliche Beschäftigtengruppen möglich sind. Das gilt für die Fälle, in denen sich die Beschäftigtengruppen der jeweiligen Tarifverträge nicht überschneiden. Ob und wie diese Abgrenzung künftig funktioniert, ist indes offen. Bei der Bahn ist der größte Teil der Lokführer in der GdL organisiert, doch auch die Gewerkschaft Transnet hat Lokführer in ihren Reihen. Die Bundesregierung will nun „das Anliegen von BDA und DGB prüfen“ und dann über „eine Reaktion des Gesetzgebers“ beschließen.

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