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Bahn Güterverkehr

© dpa

Tarifkonflikt bei der Bahn: Lokführer wollen Wirtschaft lahmlegen

Die Streiks im Güterverkehr sind beschlossen. Die Bahn bietet in letzter Sekunde Verhandlungen an. Die Industrie appelliert an beide Seiten Streiks zu vermeiden.

Frankfurt am Main/Berlin - Die Lokführergewerkschaft GDL will ab dem heutigen Donnerstag erstmals auch den Güterverkehr bestreiken. Da die Bahn immer noch kein verhandlungsfähiges Angebot vorgelegt habe, würden die rund 5500 bei der Gewerkschaft organisierten Lokführer der Bahn-Gütersparte Railion von Donnerstagmittag zwölf Uhr bis Samstagmorgen sechs Uhr für 42 Stunden die Arbeit niederlegen, sagte GDL-Chef Manfred Schell am Mittwoch in Frankfurt am Main. Sollte auch dieser Ausstand keine Wirkung zeigen, „sehen wir uns zu weiteren Arbeitskämpfen gezwungen“. Dann plant die GDL in der nächsten Woche vom 12. bis 16. November den Streik auf alle Sparten der Bahn und damit auf Nah-, Fern- und den Güterverkehr auszuweiten. Allein der Bahn-Vorstand habe es jetzt in der Hand, dies zu verhindern, sagt Schell.

Ob es in letzter Sekunde doch noch zu Verhandlungen kommen würde, war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe offen. Die Bahn lud die GDL für Donnerstag zu Verhandlungen ein, die erste Reaktion der Gewerkschaft fiel aber ablehnend aus.

Der GDL-Chef, der sich nach seiner dreiwöchigen Kur gut erholt zeigte, räumte ein, dass der bisherige insgesamt 65-stündige Ausstand im Regionalverkehr im Vorstand der Bahn keine Wirkung gezeigt habe. Genau dies erhofft er sich jetzt vom Streik im Güterverkehr. Gleichwohl könne von angeblichen Milliardenschäden, die dadurch in der Wirtschaft entstünden, keine Rede seien. Das seien Märchen. „Wegen des Streiks wird keiner verhungern und auch keiner erfrieren.“ Schell versichert zugleich, dass die GDL alles tun werde, um den Personenverkehr nicht zu behindern.

Der GDL-Chef forderte den Bahn-Vorstand auf, endlich auf Basis des durch Heiner Geißler und Kurt Biedenkopf Ende August vorgelegten Moderatorenpapiers ein Angebot zu machen. Unabdingbare Voraussetzung ist für Schell nach wie vor, dass den Lokführern ein eigenständiger Tarifvertrag zugestanden wird. „Wir wollen nicht über Prozente reden, sondern über Zeit und Geld. Die Frage ist nicht, ob die Lokführer zehn, 15 oder 20 Prozent mehr, sondern ob sie einen eigenständigen Tarifvertrag bekommen.“ Darunter werde die GDL keinen Abschluss unterschreiben. Schell wies die Annahme als „Popanz“ zurück, dass nach einer Sonderregelung für die Lokführer auch andere Berufsgruppen bei der Bahn oder in anderen Branchen gesonderte Tarifverträge fordern könnten. Die anderen Beschäftigten bei der Bahn seien mit dem höchsten Tarifabschluss aller Zeiten zufrieden. Warum sollten sie dann einen eigenständigen Tarifvertrag fordern, so Schell. Im Übrigen dauere es sehr lange bis eine neue Gewerkschaft streikfähig sei. Der GDL-Chef begrüßt vor diesem Hintergrund auch, dass sich Bundeskanzlerin Angela Merkel aus dem Konflikt heraushalte.

Die Industrie appellierte an die Lokführer und die Bahn, die Streiks doch noch zu vermeiden und schnell eine Lösung zu finden. „Unzählige Unternehmen sind auf einen reibungslosen Güterverkehr angewiesen und setzen auf den Verkehrsträger Schiene“, sagte Jürgen Thumann, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), am Mittwoch in Berlin. „Länger anhaltende Störungen werden über kurz oder lang zum Stillstand in vielen Unternehmen führen. Die Schäden für Unternehmen und Wirtschaft wären immens.“ Außerdem würde das Vertrauen in den Verkehrsträger Schiene beschädigt, warnte Thumann.

Der Beamtenbund, bei dem die GDL organisiert ist, distanzierte sich von den Forderungen der Lokführer nach einem eigenständigen Tarifvertrag. Die Einrichtung des Flächentarifvertrags und der Tarifeinheit in den Betrieben werde bevorzugt, sagte ein Beamtenbund-Sprecher dem Tagesspiegel auf Anfrage.

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