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Tarifkonflikt: GDL will alle Sparten gleichzeitig bestreiken

Die Lokführergewerkschaft GDL zieht eine positive Bilanz aus den Streiks im Güterverkehr und kündigt für Dienstag Ausstände im Nah-, Fern- und Güterverkehr an. Auch die anderen Bahngewerkschaften wollen wegen des drohenden Börsenganges die Arbeit niederlegen.

Nach dem Ende der Streiks im Güterverkehr hat die Lokführergewerkschaft GDL der Bahn erneut mit einer Eskalation des Arbeitskampfes in der nächsten Woche gedroht. "Sollten die Fronten so bleiben wie sie sind, werden wir uns am Montag zusammensetzen und über weitere Streiks beraten. Dann könnte es schon ab Dienstag neue Streiks geben", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Manfred Schell in Frankfurt. Schell bekräftigte, dann werde die Gewerkschaft zum Ausstand in allen drei Bereichen der Bahn - also im Nah-, Fern- und Güterverkehr - aufrufen. Bis einschließlich Montag werde es aber keine Streiks der GDL geben.

Am Samstagmorgen um 6.00 Uhr hatte die GDL einen 42-stündigen Streik im Güterverkehr beendet. Der bundesweite Streik, der am Donnerstagmittag begonnen hatte, sei "voll zufriedenstellend" gewesen, sagte Schell. Der befürchtete Produktionsstopp in der Industrie blieb allerdings aus - sowohl große Unternehmen wie die Autobauer Mercedes und Porsche als auch die Bahn teilten mit, der Streik habe zu keinen großen Problemen geführt. Auch ein Sprecher des Ludwigshafener Chemieunternehmens BASF betonte, es habe für das Unternehmen keine Beeinträchtigungen gegeben. Am Hamburger Hafen kam der Warenumschlag wieder auf Touren. Es habe Störungen gegeben, aber keinen Notstand, sagte dort eine Sprecherin.

Unterschiedliche Angaben über Anzahl der streikenden Lokführer

"Versorgungsrelevante Züge sind gerollt", erklärte Bahn-Transportvorstand Norbert Bensel. Es werde aber mehrere Wochen dauern, bis die normalen Abläufe im Bahn-Güterverkehr wiederhergestellt seien. An den deutschen Grenzen stauten sich noch mehrere hundert Züge. Den wirtschaftlichen Schaden durch den Streik nannte Bensel "immens", bezifferte ihn aber nicht.

Unterschiedliche Angaben machten beide Seiten über die Zahl der Lokführer, die sich an dem Streik beteiligten: Die Bahn schätzte sie auf rund 1500, die GDL kam auf 2600 und Gewerkschafts-Chef Schell hatte zunächst sogar von 3500 gesprochen.

Zwischen Mitternacht und 6:00 Uhr am Samstag hätten fast alle Güterzüge stillgestanden, bilanzierte die Gewerkschaft. Allein in Nordrhein-Westfalen fielen laut GDL etwa 210 Züge aus. Die Bahn hatte bereits am Freitag mitgeteilt, dass an diesem Tag der Güterverkehr in Ostdeutschland fast komplett lahmgelegt war, auch in Westdeutschland fuhr nur noch jeder dritte Güterzug.

Tiefensee will sich hinter den Kulissen einmischen

Die Bahn richtet sich unterdessen auf eine Ausweitung des Arbeitskampfes ein. "Auf uns kommt eine schwierige Woche zu. Ich gehe davon aus, dass die Streiks ausgeweitet werden", sagte Bahn-Aufsichtsrat Georg Brunnhuber der "Bild am Sonntag". Er werde bei einer außerordentlichen Aufsichtssitzung vorschlagen, einen von beiden Seiten anerkannten Schlichter einzusetzen. Der "Rheinischen Post" sagte Brunnhuber, der Aufsichtsrat werde sich bei der Sitzung am Donnerstag mit dem Vorschlag beschäftigen, die Lokführer in eine eigene Service-GmbH auszugliedern. "Die Ausgliederung ist eine Variante, mit der die Bahn versucht, aus der vertrackten Situation herauszukommen."

Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sagte: "Wir arbeiten hinter den Kulissen daran, die Verhandlungspartner wieder zusammenzubringen, ohne dabei die Tarifautonomie zu verletzen". Beim Unternehmertag des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes in Köln kritisierte er die in seinen Augen hohen volkswirtschaftlichen Schäden durch den Streik.

Peter Struck auf Seite der Bahn

In dem seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt fordert die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal und bis zu 31 Prozent mehr Geld. Die Bahn hatte in den vergangenen Tagen wiederholt zur Wiederaufnahme von Verhandlungen aufgefordert, ohne dabei das von der GDL geforderte neue Angebot zu machen. Der Bahn-Vorstand hatte stattdessen mehrfach auf sein jüngstes Tarifangebot von Mitte Oktober verwiesen: Darin offerierte die Deutsche Bahn AG 4,5 Prozent mehr Geld, eine Einmalzahlung von 600 Euro, Zusatzverdienstmöglichkeiten durch Mehrarbeit und bezahlte Überstunden sowie arbeitnehmerfreundlichere Dienstpläne. GDL-Chef Schell betonte: "Wir stellen der Bahn kein Ultimatum. Die Bahn muss sich jetzt selbst überlegen, wann und wie sie sich bewegt."

SPD-Fraktionschef Peter Struck forderte die Bahn auf, in dem Konflikt hart zu bleiben. "Ich stehe klar auf der Seite von Bahnchef (Hartmut) Mehdorn und dem Transnet-Vorsitzenden (Norbert) Hansen, dass es keinen eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer geben kann", sagte Struck der "Bild am Sonntag". (mit dpa)

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