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Wirtschaft: Tarifkonflikt könnte Aufschwung abwürgen

Ökonomen warnen vor einer harten Lohnrunde in der Metallindustrie – Doch die Unternehmen sind optimistisch

Berlin (brö). Ein zu hoher Tarifabschluss in der Metall und Elektroindustrie könnte den gerade beginnenden Aufschwung in Deutschland gefährden. Sollten sich Arbeitgeber und IG Metall nicht auf moderate Lohnsteigerungen einigen, werde es sehr gefährlich für die Konjunktur, sagten Ökonomen dem Tagesspiegel. Derzeit sehen die Unternehmen ihre Zukunft noch positiv: Der Ifo-Geschäftsklima-Index, eines der wichtigsten Wachstums-Barometer, legte im Januar überraschend weiter zu. Fachleute hatten wegen des stark gestiegenen Euro-Dollar-Wechselkurses mit mehr Pessimismus in der Wirtschaft gerechnet.

„Der Spielraum für Lohnsteigerungen ist sehr gering“, sagte Michael Heise, Chefvolkswirt der Allianz. Trotz der zahlreichen Entlassungen seit Beginn der Wirtschaftskrise vor drei Jahren sei die Produktivität nur schwach gestiegen. Außerdem sei der rasche Anstieg des Euro für die Unternehmen eine starke Belastung, denn sie müssten auf breiter Front die Kosten senken, um international konkurrenzfähig zu bleiben. „Der Aufschwung in Deutschland steht auf wackligen Beinen – wenn jetzt noch ein hoher Tarifabschluss hinzukommt, wird es gefährlich“, sagte Heise. Dies könne nicht nur die Industrie empfindlich treffen und dort Arbeitsplätze vernichten. Auch andere Wirtschaftszweige könnten betroffen sein, warnte der Allianz-Experte.

Auch Martin Hüfner, Chefökonom der Hypo-Vereinsbank, hält zu starke Lohnsteigerungen für schädlich. „In der aktuellen Wirtschaftslage bräuchten wir eigentlich eine Nullrunde“, regte er an. Zudem sei Deutschland wegen der Reformen gerade wieder für ausländische Investoren interessant geworden. „Ein unverantwortlich hoher Tarifabschluss würde dieses positive Bild wieder beschädigen“, sagte er. Wolfgang Franz, Mitglied im Rat der Wirtschaftsweisen, empfiehlt, dass die Löhne in der Metallbranche um weniger als zwei Prozent steigen sollten. „Nur dann werden neue Arbeitsplätze entstehen – Abschlüsse von mehr als 2,5 Prozent vernichten indes Jobs und bürden dem Staat zusätzliche Lasten auf.“ Ein moderater Abschluss könnte die Lage auf dem Arbeitsmarkt verbessern, prognostizierte Allianz-Mann Heise. „200000 Arbeitslose können dann eine neue Stelle finden“, sagte er.

Im Moment stehen die Zeichen in der deutschen Wirtschaft auf Aufschwung. Der Ifo-Geschäftsklima-Index, den das Ifo-Institut jeden Monat in einer Umfrage bei 7000 Unternehmen misst, stieg im Januar zum neunten Mal in Folge auf den höchsten Stand seit drei Jahren. Für Westdeutschland legte der Index von 96,9 auf 97,4 Punkte zu, in den neuen Ländern von 104,7 auf 105,4 Punkte. Ein steigender Index deutet darauf hin, dass die Unternehmen ihre aktuelle Lage als gut einschätzen und für die kommenden Monate bessere Geschäfte erwarten. Experten hatten allerdings erwartet, dass die Unternehmen auf die Euro-Aufwertung – allein seit Anfang November hat die Währung zum Dollar um rund zehn Prozent zugelegt – mit mehr Pessimismus reagieren würden. Die Börse nahm die Überraschung mit Kursgewinnen auf. Der Deutsche Aktienindex Dax stieg um 0,43 Prozent auf 4146 Punkte.

In den verschiedenen Branchen entwickelte sich die Stimmung jedoch uneinheitlich. Die Klimaverbesserung gehe vor allem auf das Konto der Industrie und zu einem geringeren Teil auf das des Bauhauptgewerbes, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Dagegen trübte sich das Klima im Einzelhandel und im Großhandel etwas ein. Insgesamt stehen die Zeichen nach drei Jahren mit einem nahezu stagnierenden Bruttoinlandsprodukt aber auf Wachstum. Sinn: „Dies stützt die Prognose, dass sich der konjunkturelle Erholungsprozess weiter fortsetzen wird.“

Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie ist „leicht optimistisch“, wie Verbandspräsident Michael Rogowski sagte. „Die Anzeichen einer allmählichen Erholung der Konjunktur auch in Deutschland verdichten sich. Nahezu sämtliche harte Daten zeigen nach oben“, erklärte er. Rogowski hält ein Wachstum von zwei Prozent für möglich – 2003 hatte es noch ein Minus 0,1 Prozent gegeben. Getragen werde der Aufschwung von der Erholung in Japan und in den USA.

Die Stärke der amerikanischen Wirtschaft zeigt auch der Optimismus der Verbraucher. Sie blickten im Januar so zuversichtlich in die Zukunft wie seit 18 Monaten nicht mehr, ergab eine Umfrage des privaten Forschungsinstituts Conference Board. Das spricht für eine weiteres Wachstum in den USA, da der private Konsum rund zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung ausmacht.

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