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Wirtschaft: Tarifpolitik: Die Gewerkschaften drohen Gerhard Schröder mit hohen Lohnforderungen

Die Tarifpolitik droht für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Störfaktor im Bundestagswahlkampf in diesem Herbst und dem kommenden Jahr zu werden. Die Gewerkschaften sind nicht mehr bereit, sich im Bündnis für Arbeit auf eine moderate Tarifrunde 2002 zu verpflichten.

Die Tarifpolitik droht für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Störfaktor im Bundestagswahlkampf in diesem Herbst und dem kommenden Jahr zu werden. Die Gewerkschaften sind nicht mehr bereit, sich im Bündnis für Arbeit auf eine moderate Tarifrunde 2002 zu verpflichten. Gründe dafür sind die stark steigenden Lebenshaltungskosten in Deutschland, der stockende Stellenaufbau in den Unternehmen und auch die Signalwirkung des hohen Lohnabschlusses der Lufthansa-Piloten.

"Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass es im Bündnis noch einmal Verabredungen zur Lohnpolitik gibt", sagte Verdi-Vizechefin Margret Mönig-Raane dem Handelsblatt. Entschiedener noch ist die Weigerung der IG Metall. Vize Jürgen Peters sagte dem Handelsblatt: "Damit eines ganz klar ist: Eine Vereinbarung wie Anfang 2000 unterschreiben wir nicht noch einmal". Damals hatten die Gewerkschaften unter dem Druck des Kanzlers im Bündnis für Arbeit erklärt, dass der Produktivitätszuwachs vorrangig zur Schaffung neuer Arbeitsplätze dienen solle. Das hatte maßgeblich zu den moderaten Tarifabschlüssen 2000 und 2001 beigetragen.

Die Weigerung der Gewerkschaften, im bevorstehenden Wahljahr einen neuen tarifpolitischen Pakt mit der Bundesregierung und den Arbeitgebern zu schließen, ist für Schröder ein herber Rückschlag. Die Tarifpolitik sei der einzige Erfolg des ansonsten weitgehend wirkungslosen Bündnisses für Arbeit, heißt es hinter vorgehaltener Hand in den Wirtschaftsverbänden. Entsprechend harsch ist ihre Kritik an den Gewerkschaften.

Die Europäische Zentralbank (EZB) befürchtet nun das Entstehen einer Lohn-Preis-Spirale. EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing appellierte bereits an die Gewerkschaften im Euro- Raum, die hohen Inflationsraten nicht zum Anlass für massive Lohnforderungen zu nehmen.

Doch die Gewerkschaften stehen unter hohem Druck ihrer Basis. Die Beschäftigten seien enttäuscht, weil sie trotz Steuerreform weniger im Geldbeutel hätten, sagt BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch. "Da von einer Tariferhöhung netto nur die Hälfte übrig bleibt, müssen wir 2002 mindestens sieben Prozent mehr Lohn bekommen, um allein die Preissteigerung auszugleichen", stellt er hohe Lohnforderungen der IG-Metall in Aussicht. Uwe Hück, Betriebsratschef bei Porsche, spricht von einer sehr gefährlichen Stimmung in der Belegschaft. "Ich befürchte für die Tarifrunde 2002 einen Streik". Nach dem Pilotenabschluss sagten viele: "Schau her, das geht ja." Selbst in der friedfertigen Chemiebranche wächst die Unzufriedenheit mit Kompromissen von Regierung, Arbeitgebern und Politik in der Tarifpolitik. Beim Bündnis für Arbeit sei bisher "ein Fliegendreck" rausgekommen, so Bayer-Betriebsratschef Erhard Gipperich, weshalb sich die Gewerkschaften 2002 nicht nochmals binden sollten.

dc, huh

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