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Tarifstreit: Bahn lässt Lokführer abblitzen

Trotz Ultimatum: Die Bahn lehnt ein neues Angebot für die Lokführer ab. Die drohen dem Konzern mit dem "stärksten und härtesten Arbeitskampf" - bis die Bahn endlich einknickt und das Problem nicht mehr aussitzen kann.

Im Tarifstreit mit der Lokführergewerkschaft GDL will die Deutsche Bahn trotz drohender Streiks kein neues Angebot vorlegen. Das sagte Personalvorstand Margret Suckale. Sie forderte die GDL auf, ihrer "Verpflichtung zum Verhandeln" nachzukommen, die mit dem gerichtlich zugestandenen weitreichenden Streikrecht zusammengehöre. "Wer streikt, ohne verhandelt zu haben, handelt unverantwortlich." Sie bekräftigte, dass das Prinzip der Tarifeinheit im Konzern bestehen bleiben müsse.

Suckale warb erneut für das vorliegende Angebot der Bahn als Verhandlungsgrundlage. Vorgeschlagen wird, den Abschluss mit den anderen Gewerkschaften Transnet und GDBA mit 4,5 Prozent Einkommensplus sowie 600 Euro Einmalzahlung zu übernehmen. Durch Mehrarbeit könnten am Ende bis zu zehn Prozent mehr Geld zusammenkommen. Zudem könnten einmalig 1400 Euro für bereits geleistete Überstunden ausgezahlt werden. Die GDL verlangt einen eigenständigen Tarifvertrag und hatte von der Bahn ein verbessertes Angebot verlangt, sonst gibt es Streiks im Güterverkehr.

Druck durch massive Aktionen

Kurz vor ihrer Entscheidung morgen über neue Streiks bei der Bahn haben die Lokführer mit massiven Aktionen gedroht. Wenn der Konzern wie zu erwarten kein besseres Angebot vorlege, werde es zum "stärksten und härtesten Arbeitskampf" kommen, den die Bahn bisher erlebt habe, sagte GDL-Vize Claus Weselsky bei einer Bezirksversammlung. "Wenn 12, 18, 20 Stunden im Güter- und Fernverkehr nichts mehr geht, kann der Bahnvorstand das Problem nicht mehr aussitzen wie im Nahverkehr und muss einlenken", sagte Weselsky.

Den Zeitpunkt neuer Streiks hält sich die GDL nach wie vor offen. "Der Hauptvorstand der Gewerkschaft wird am morgigen Mittwoch über Streiks entscheiden", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer, Claus Weselsky. "Streiks sind danach jeden Tag möglich. Das kann Donnerstag sein oder Freitag oder Samstag oder Sonntag." Auch über die Dauer des Arbeitskampfes sei noch nicht entschieden.

"Die Stimmung ist hervorragend"

Weselsky dementierte Informationen der "Bild"-Zeitung, wonach Streiks im Güterverkehr ab Donnerstag so gut wie sicher sind. "Das kann ich nicht bestätigen", sagte der GDL-Vize. Durch das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz habe die Gewerkschaft Rückenwind bekommen. Das Gericht hatte in der vergangenen Woche Streiks auch im Güter- und Fernverkehr erlaubt. "Die Stimmung ist hervorragend und wir haben vor Gericht einen Riesen-Sieg gegen die Bahn davongetragen", sagte Weselsky. "Jetzt können wir uns frei bewegen und haben die Gerichtsurteile vom Hals." Die Gewerkschaft hatte wiederholt angekündigt, dass sie zunächst nur den Güterverkehr bestreiken will.

Der GDL-Vize widersprach zugleich Rufen aus den eigenen Reihen nach einem unbefristeten Streik. "Der Streik darf nicht unverhältnismäßig sein und die Republik zum Stillstand bringen." Die GDL werde "zu keinem Zeitpunkt das Augenmaß verlieren". "Wir wollen Verbesserungen für das Personal erreichen und nicht die Republik bestreiken."

Kannegiesser: Verhältnismäßigkeit bewahren

Der Tübinger Arbeitsrechtler Hermann Reichold bezweifelte das Argument der Bahn, dass nach den Lokführern weitere Berufsgruppen eigenständige Tarifverträge fordern könnten. Eine Durchsetzungskraft wie die der GDL und ein Zusammengehörigkeitsgefühl wie bei den Lokführern gebe es bei anderen Berufsgruppen nicht, sagte er.

Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, rief dazu auf, bei Streiks die Verhältnismäßigkeit zu wahren. "Die Schwelle für einen Arbeitskampf muss relativ hoch gelegt werden", sagte er im Fernsehsender Phoenix. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) sprach sich gegen Eingriffe der Politik aus. "Wir haben bisher die Tarifautonomie als ein hohes Rechtsgut eingeschätzt. Und wenn man das tut, dann darf man nicht die Politik um Hilfe bitten, wenn man mit seinem Tarifpartner nicht klarkommt", sagte er.

Bahn-Chef Hartmut Mehdorn hatte die Politik aufgefordert, die Macht kleiner Gewerkschaften wie der GDL per Gesetz zu beschränken. Mit dem Urteil vom Landesarbeitsgericht wurde dagegen klar gestellt, dass auch kleine Gewerkschaften grundsätzlich ein Recht auf eigene Tarifverträge haben. Ökonomen warnten bereits vor Schäden in zweistelliger Millionenhöhe täglich, wenn der Güterverkehr bestreikt wird. (mit dpa/AFP)

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