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Wirtschaft: Tarifstreit bei der Post

Gewerkschaft Verdi kritisiert Konzernchef Zumwinkel und will notfalls auch streiken

Berlin - Bei der Deutschen Post droht eine tarifpolitische Auseinandersetzung. Für große Unruhe unter den Betriebsräten und der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi sorgen Vorschläge von Postchef Klaus Zumwinkel, Betriebsvereinbarungen sollten prinzipiell über Tarifverträgen stehen. „Das stellt alles, was wir über zehn Jahre lang bei der Post gemacht haben, alle tarifpolitisch begleiteten Sanierungsmaßnahmen auf den Kopf“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Rolf Büttner dem Tagesspiegel. Das geltende Recht wolle Verdi mit allen Mitteln verteidigen. „Wir werden unser grundgesetzlich garantiertes Recht nicht aufgeben, auch wenn Deutschland lange keine Post mehr bekommt.“ Das Thema solle in Betriebsversammlungen nun diskutiert werden. Außerdem würden die Betriebsräte mobilisiert.

Derzeit wirbt Postchef Zumwinkel zusammen mit dem Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, auf verschiedenen Veranstaltungen für einen ganzen Katalog wirtschafts- und sozialpolitischer Reformen. Eines der Probleme, die sie sehen, ist, dass viele Vereinbarungen in Betrieben, die zur Beschäftigungssicherung abgeschlossen werden, eigentlich rechtlich nicht zulässig sind. In einem Papier schlagen beide vor, den entsprechenden Passus im Betriebsverfassungsgesetz zu streichen und die Vereinbarungen über Tarifverträge zu stellen. Dies werde zu einem Wettbewerb zwischen Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen führen – und damit zu Tarifverträgen, „die der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen dienlich sind“.

Verdi-Vorstandsmitglied Büttner sagte, dieser offensichtliche Kurswechsel Zumwinkels erstaune ihn sehr. „Das versteht bei uns keiner.“ Die Gewerkschaften hätten den Übergang der Post von der Behörde zur Aktiengesellschaft bis hin zum Weltkonzern immer tarifpolitisch im Konsens begleitet. „Warum sollten wir das jetzt noch tun?“, sagte Büttner. Sollte das Recht tatsächlich wie vorgeschlagen geändert werden, gäbe es keine Sicherheit mehr, wie lange die im Konsens erreichten Vereinbarungen tatsächlich gelten. Büttner wies darauf hin, dass der Konzern in nächster Zeit vor großen Herausforderungen stehe. Die Zustellung wird neu organisiert, die Post muss für den Wettbewerb im Briefmarkt ab 2008 fit gemacht werden, und der Konzern wird weiter ausgebaut. „Dann muss Zumwinkel das alles alleine machen“, sagte Büttner. Die Aktionäre werde es sicherlich freuen, wenn der Postchef große Unruhe in die Belegschaft trage.

Bisher hatte der Postchef immer wieder betont, dass alle Umbaumaßnahmen sozialverträglich durchgeführt worden seien und er diesen Kurs weiter verfolgen wolle. Ein Postsprecher sagte dem Tagesspiegel nun auf Anfrage ebenfalls, das Unternehmen habe seit Zumwinkels Amtsantritt die Probleme immer im Konsens mit den Sozialpartnern gelöst. „Und wenn es nach uns geht, wird sich auch nichts daran ändern.“

Daran hat Büttner jetzt Zweifel. Sollten die tarifpolitischen Vorschläge Zumwinkels tatsächlich Gesetz werden, „dann betrifft das natürlich auch die Post“. Es könne aber nicht sein, dass zunächst mit dem Postvorstand ein Tarifvertrag im Konsens ausgehandelt werde, dann aber die Betriebsräte in den Niederlassungen wieder für die Umsetzung kämpfen müssen. Außerdem stehen für Ende 2007 Verhandlungen an, um den im Frühjahr 2008 auslaufenden Beschäftigungspakt, der für die Post AG gilt, zu verlängern. „Bisher haben wir auf gleicher Augenhöhe verhandelt“, sagte Büttner. „Das wird die Postler in Rage bringen.“

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