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Wirtschaft: Tarifstreit in Niedersachsen ist beigelegt

Wochenarbeitszeit steigt auf gut 39 Stunden – Länder wollen Kompromiss nicht übernehmen

Berlin - Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst der Kommunen steht vor dem Ende. In Niedersachsen einigten sich Arbeitgeber und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am Mittwoch auf eine Anhebung der Wochenarbeitszeit auf rund 39 Stunden für die 120 000 Beschäftigten. In Baden-Württemberg begann derweil die Schlichtung. Ein Vorbild für den Konflikt auf Länderebene sei das aber nicht, sagte der Chef der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), Hartmut Möllring (CDU), der die Verhandlungen führt.

Die Grundsatzeinigung in Niedersachsen sieht vor, dass die Wochenarbeitszeit um eine halbe Stunde steigt. Außerdem müssen die Beschäftigten künftig für Heiligabend und Silvester Urlaub nehmen, wenn diese Tage auf einen Arbeitstag fallen. Faktisch haben sie damit künftig eine 39,24-Stunden-Woche.

Wer allerdings in einem körperlich anstrengenden Job arbeitet – also zum Beispiel bei der Müllabfuhr, in einer Kindertagesstätte, auf dem Bauhof oder im Krankenhaus – bleibt bei 38,5 Stunden. Auch diese Arbeitnehmer müssen unbezahlte Zeit für Fortbildung aufbringen. Im Ergebnis betrifft dies laut Verdi gut die Hälfte aller Beschäftigten. Einen Vertragstext wollen die Tarifparteien noch in Detailgesprächen ausarbeiten.

Verdi-Landeschef Wolfgang Denia erklärte, die Streiks in den Kommunen könnten nun bis zum Wochenende enden. Zugleich maß er dem Kompromiss Beispielcharakter zu. „Wenn man verhandlungs- und bewegungsbereit ist, dann kriegt man auch was hin“, sagte er mit Blick auf die ungelösten Konflikte in Baden-Württemberg und auf Länderebene.

In Baden-Württemberg begann derweil die Schlichtung. Bis zum Sonntag soll es eine Einigung für die 200 000 Kommunalbediensteten im Südwesten geben. Vor zwei Wochen hatten sich bereits die Tarifpartner in Hamburg geeinigt – dort arbeiten die Beschäftigten künftig 38,8 Stunden, allerdings wird die Stundenzahl nach Alter, Familienstand und Lohngruppe gestaffelt.

Entspannung im Länder-Tarifkonflikt gibt es vorerst nicht. Das Ergebnis in Niedersachsen könne keinerlei Modellcharakter haben, sagte TdL-Chef Möllring dem Tagesspiegel. Die dort vereinbarte Arbeitszeit sei zu gering. „Seit zwei Jahren liegt die Arbeitszeit bei Landesbeschäftigten in Bayern oder Niedersachsen faktisch schon knapp unter 39 Stunden“, sagte er. Der Grund: Vor zwei Jahren hatte die TdL die 38,5-Stunden-Woche gekündigt.

Das weitere Vorgehen will die TdL kommenden Montag beraten. Die SPD-Länder kritisieren bislang die harte Haltung Möllrings in der Arbeitszeitfrage. Verdi-Chef Frank Bsirske schloss eine Einigung mit einzelnen Ländern ohne TdL-Beteiligung nicht mehr aus. Zwar wolle er keine Zersplitterung. Doch wenn die CDU-Länder den von Verdi angestrebten Kompromiss verweigerten, „kann ich nicht ausschließen, dass man mit denen, die eine konstruktive Lösung suchen, eine Einigung herbeiführen wird“. Möllring sagte dazu, Bsirske habe bereits vor einem Jahr versucht, mit den SPD-Ländern separat zu verhandeln – aber ohne Erfolg. „Wenn es ihm jetzt gelingt, ist der Flächentarif kaputt. Dann werden wir mit den jeweiligen Verdi-Landeschefs verhandeln – und Herr Bsirske wird überflüssig.

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