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© AFP

Tata: Billigstes Auto der Welt fährt in Delhi vor

Der indische Autobauer Tata hat heute sein 1700-Euro-Auto vorgestellt. Es soll vor allem indischen Familien mehr Komfort bieten, die sich bisher gemeinsam auf einem Moped drängen. Das Billigauto ist das Fahrzeug der Zukunft, meinen Experten.

Ein Auto für nur 1700 Euro - was kaum vorstellbar klingt, will der indische Autohersteller Tata realisieren. Heute präsentierte er sein Billigst-Auto Tata Nano in einer Prototyp-Variante auf der Auto Expo in Neu Delhi. Für Studenten oder Geringverdiener aus Deutschland ist der einfach ausgestattete Benziner allerdings nichts: Er wird nicht nach Westeuropa exportiert, teilt der Hersteller mit.

Vielmehr ist der 2500-Dollar-Wagen zugeschnitten auf die mobilhungrige indische Bevölkerung, die sich bisher noch kein Auto leisten kann. So soll er nach den Vorstellungen von Tata als "Volksauto" die dortigen Straßen erobern. "Das One Lakh Car passt zu dem Portemonnaie der Menschen in Indien und anderen Wachstumsmärkten", bestätigt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer. Der Name "One Lakh" gibt den Preis des Wagens an: Ein Lakh sind 100.000 Rupien, also umgerechnet 1700 Euro. Tata will zunächst mit 250.000 Autos pro Jahr starten, später sollen eine Million Fahrzeuge vom Band rollen. Der Viertürer wird mit einem 33 PS starken 623-Kubikzentimeter-Zweizylindermotor angetrieben, der im Heck untergebracht ist.

Billigauto scheitert an strengen Abgasvorschriften

Experten sehen in den Schwellenländern ein enormes Wachstumspotenzial für den Automarkt, vor allem für die sehr billigen Einfachstautos. "Bereits zum Jahr 2015 werden jährlich mindestens zehn Millionen Billigautos, also Fahrzeuge unter 10.000 Dollar, verkauft - davon neun Millionen in den Wachstumsmärkten in Indien, China und Osteuropa", erklärt Dudenhöffer, Automobilprofessor an der Fachhochschule Gelsenkirchen. Kein Wunder also, dass immer mehr Hersteller diesen Markt besetzen wollen. Neben Tata wollen auch Fiat, Toyota, Maruti-Suzuki und die chinesischen Hersteller Cherry, Geely, Great Wall oder Zhonghua Autos unter 7000 Dollar anbieten.

Die Hersteller im Westen fürchten die Billigkonkurrenz aus Asien bisher nicht, denn eines ist klar: Für die Märkte in Westeuropa, Nordamerika und Japan werden solche Autos nicht produziert. Sie scheitern an den hiesigen strengen Sicherheits- und Abgasvorschriften. "Wir bezweifeln, dass es für einen westlichen Hersteller in Europa Sinn macht, sich im Segment unter fünf- bis sechstausend Euro zu bewegen, wenn man alle Sicherheits- und Umweltauflagen erfüllt und trotzdem noch Geld verdienen will", sagt Opel-Marketing-Chef Alain Visser in der Zeitschrift "Auto Motor und Sport". Den Tata wird man auf deutschen Straßen aus diesem Grund auch vergeblich suchen.

ADAC warnt vor Sicherheitsmängeln

Dennoch: Auch im Westen ist der Trend zum Billigauto spürbar. Das Modell Logan der rumänischen Renault-Tochter Dacia, gibt einen Vorgeschmack auf die künftige Entwicklung. Die ersten Dacia Logans wurden 2004 in Osteuropa für 5000 Euro plus Umsatzsteuer verkauft. "Über Nacht eroberte der Logan wichtige Ostmärkte", beschreibt Dudenhöffer den Erfolg. Er prognostiziert, dass noch vor 2010 jährlich eine Million Dacia Logans verkauft werden. In Deutschland konnte Dacia 2007 bereits über 17.000 Kaufverträge unterschreiben.

Der ADAC warnt bereits vor dem neuen Trend zum Billigauto. "Tests haben gezeigt, dass diese Wagen die hohen Sicherheitsansprüche deutscher Verbraucher nicht erfüllen", sagt Arnulf Volkmar Thiemel vom Bereich Fahrzeugtechnik des Automobilverbandes. So hat der ADAC stichprobenartig Billig-Neuwagen mit Gebrauchtautos aus drei Fahrzeug-Klassen verglichen. Die Billig-Neuwagen Chevrolet Matiz, Dacia Logan und Hyundai Santa Fe schnitten besonders bei der Sicherheit schlechter ab als die Gebrauchtwagen Ford Ka, VW Golf IV und Volvo XC90. So fehlten dort teilweise das Anti-Schleuder-System ESP oder Kopfairbags. Auch der Crashtest zeigte Mängel beim Insassenschutz.

Vom Moped aufs Auto

In Indien kennt man solche Ansprüche an die Sicherheit bisher nicht. Hier sind oft noch ganze Familien auf nur einem Motorrad unterwegs. Besonders auf sie hofft Tata. Bisher werden in dem Schwellenland jährlich 6,5 Motorräder und Mopeds verkauft. "Wenn nur 20 Prozent der Käufer auf den neuen Tata umsteigen, ist das ein Markt von 1,3 Millionen Fahrzeugen pro Jahr", rechnet Dudenhöffer vor: "...und das allein in Indien!"

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