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Wirtschaft: Tausende Airbus-Mitarbeiter streiken

Proteste an drei vom Verkauf bedrohten deutschen Standorten / 14 Bewerber für sechs Werke

München - Der Streit um die Umsetzung des Sanierungsprogramms „Power 8“ beim Flugzeugbauer Airbus spitzt sich erneut zu. Aus Protest gegen den Kurs des Unternehmens legten die Beschäftigten der Airbus-Werke Varel, Nordenham und Laupheim am Mittwoch spontan die Arbeit nieder. Sie reagierten damit auf die gescheiterten Verhandlungen zwischen Konzernleitung und europäischem Gesamtbetriebsrat am Vortag in Toulouse. Das Unternehmen kommt unterdessen beim geplanten Verkauf von Werken und der Neuorganisation der Fertigungsstrukturen voran.

Mit dem im Februar beschlossenen Sparplan will Airbus die Krise überwinden, in die es durch die Produktions- und Lieferprobleme beim Riesenflugzeug A 380 geraten war. „Power 8“ sieht den Abbau von 10 000 Arbeitsplätzen und Kosteneinsparungen von 2,1 Milliarden Euro bis zum Jahr 2010 vor. Dazu sollen europaweit sechs der 16 Werke teilweise oder ganz verkauft werden. In Deutschland stehen das baden-württembergische Laupheim und das niedersächsische Varel zur Disposition. Für das niedersächsische Werk in Nordenham sucht Airbus – ebenso wie für die Werke Méaulte (Frankreich) und Filton (Großbritannien) – einen industriellen Partner. Insgesamt sind in den drei deutschen Werken 4700 Mitarbeiter betroffen.

„Der soziale Dialog auf europäischer Ebene hat für die Beschäftigten bisher nichts gebracht“, teilten die deutschen Arbeitnehmervertreter nach den Verhandlungen in Toulouse mit. Das Airbus-Management sei nicht bereit, auf die Bedenken, Vorschläge und Hinweise der Arbeitnehmervertreter einzugehen. „Die Notwendigkeit, die Organisation von Airbus zu optimieren, ist unbestritten“, sagte der Ko-Vorsitzende des europäischen Betriebsrats, Horst Niehus. Doch sei weiterhin nicht erkennbar, dass dafür Ausgliederungen von Standorten notwendig seien.

Die IG Metall und der deutsche Airbus-Betriebsrat wollen nun so lange Gespräche mit dem Management verweigern, bis der Aufsichtsrat von Airbus Deutschland die operative Planung für die kommenden drei Jahre dargestellt und beschlossen hat. Die nächste Sitzung des Gremiums ist für Ende Juni geplant.

In den geplanten Verkauf von Werken kommt unterdessen Bewegung. Airbus- Sprecher Tore Prang sagte dem Tagesspiegel, der Konzern werde in Kürze erste Gespräche mit Interessenten aufnehmen. Medienberichten zufolge haben bis zu 14 Unternehmen Interesse an den Werken angemeldet, die verkauft oder künftig mit Partnern betrieben werden sollen. Unter den Bietern sind laut Deutscher Presse-Agentur auch deutsche Unternehmen wie Diehl, DAG und Kaefer. Für den Standort Laupheim interessieren sich der französischen Zeitung „Figaro“ zufolge die französischen Flugtechnikkonzerne Zodiac und Recaro sowie die deutsche EDAG. Interessenten für Varel seien die frühere Boeing-Tochter Spirit, die Augsburger MT Aerospace, die niederländische Stork und Class Voight. Für Nordenham sollen die Unternehmen MT Aerospace und Stork bieten.

Die Neuorganisation der Fertigung soll laut Medienberichten bis Ende September stehen. Airbus soll künftig in vier transnationale Kompetenzzentren statt in acht Zentren in nationaler Zuständigkeit gegliedert werden. Das französische Wirtschaftsblatt „Les Echos“ berichtet, der deutsche Vizepräsident für Kabine und Fracht, Rüdiger Fuchs, werde das Kompetenzzentrum „Rumpf und Kabine“ leiten. Er wäre damit für die Fertigung in Hamburg, Toulouse, Bremen und Saint-Nazaire zuständig. Für die „Flügel und Antriebssysteme“, zu denen das Werk Bremen gehört, sei ein Brite vorgesehen. Für die Leitwerkstechnik, die unter anderem in Stade und Hamburg angesiedelt ist, trage künftig ein Spanier Verantwortung. Um den Bereich Aerostruktur und Ausrüstung, zu dem Varel, Laupheim und Nordenham gehören, soll sich künftig ein Franzose kümmern.

Nicole Huss

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