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Für Warteschleifen sollen bald die Anbieter zahlen, nicht die Anrufer, hat die Politik entschieden. Damit das möglich ist, muss das Abrechnungsverfahren geändert werden. Foto: dpa/pa

© picture-alliance/ dpa

Telefonhotlines: Kein Anschluss unter dieser Nummer

Die Wirtschaft warnt: Wenn Telefonhotlines künftig kostenfrei sein sollen, können viele Kunden die Dienste nicht mehr nutzen. Betroffen sind Verbraucher mit Prepaid-Handys.

Berlin - Millionen Kunden, die Prepaid-Handys nutzen, werden künftig keine Telefonhotlines mehr anrufen können. Das sei Folge des von der Bundesregierung geplanten Verbots kostenpflichtiger Telefon-Warteschleifen, sagte der Geschäftsführer des Branchenverbandes VATM, Jürgen Grützner, dem Tagesspiegel. Da die Anrufer bei diesen Handys keine Rechnung erhalten, ließen sich auch Wartezeiten nicht herausrechnen. Damit könne man künftig Service-Hotlines mit solchen Telefonen nicht mehr anrufen, kritisiert der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten. Betroffen seien immerhin sechs Millionen Kunden.

Die gesamte Reform, kritisierte Grützner, sei „technisch unausgegoren“ und werde „auf dem Rücken des Verbrauchers“ ausgetragen. Die nötige Umstellung der Abrechnungssysteme werde Millionen kosten. Auch das werde auf Kosten der Verbraucher gehen, glaubt Grützner. „Diensteanbieter wie Fluggesellschaften, Versicherer oder Banken werden die Kosten auf die Kunden umlegen.“

Am vergangenen Mittwoch hatte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) seinen Entwurf zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes vorgestellt. Danach sollen Warteschleifen bei teuren Service- und Mehrwertdiensten wie den 0180er-Nummern nur noch eingesetzt werden dürfen, wenn der Angerufene die Kosten für die Wartezeit trägt oder die Verbindung zu einem Festpreis abgerechnet wird. Das soll sowohl für Anrufe aus dem Festnetz als auch vom Handy aus gelten. Außerdem soll der Kunde darüber informiert werden, wie lang die Warteschleife ist und was der Anruf kostet.

Die Schwierigkeiten liegen im Detail

„Viele Warteschleifen gehen nicht nur auf die Nerven, sondern richtig ins Geld“, unterstützt Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) ihren Kabinettskollegen Brüderle. „Damit wird jetzt Schluss sein“. Sie werde sich dafür einsetzen, dass die Neuregelung so schnell wie möglich umgesetzt wird, kündigte Aigner an. Weil das Gesetz auf Europarecht beruht, muss es ohnehin spätestens bis Ende Mai 2011 verabschiedet sein.

Doch die Schwierigkeiten liegen im Detail. Um die Warteschleifen für den Kunden kostenlos zu gestalten, muss das Abrechnungsverfahren grundlegend geändert werden. Während bislang der Netzbetreiber des Anrufers die Kosten der Telefonate berechnet, soll das künftig der Netzbetreiber des Angerufenen übernehmen. Er soll die Wartezeiten aus der Rechnung herausnehmen. Die Umstellung des Abrechnungsverfahrens vom derzeitigen „Online-Billing“ auf das bislang nur bei 0900er-Nummern übliche „Offline-Billing“ sei nicht ganz einfach, räumt denn auch Cord Lüdemann von der Bundesnetzagentur in Bonn ein.

Statt der bisherigen 0180er-Nummern müssten die Firmen auf 0900er-Nummern umsteigen. Prospekte, Telefonbücher, Broschüren müssten neu gedruckt werden, betont Grützner. Um das zu bewerkstelligen, fordert die Wirtschaft Übergangsfristen. Probleme sieht der Branchenverband VATM zudem bei den Prepaid-Handys. „Hotline-Nummern, bei denen die Kosten zeitabhängig berechnet werden, werden für diese Anrufer künftig gesperrt“, sagt Grützner.

Verbraucherschützer wollen das nicht gelten lassen. „Wo ein politischer Wille ist, da gibt es auch eine technische Lösung“, sagte Christian Fronczak, Sprecher des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), dem Tagesspiegel. „Immerhin leben wir im 21. Jahrhundert, da dürfte man doch nicht an der Technik scheitern.“ Der vzbv erwartet, dass die Probleme in den nächsten Monaten gelöst werden.

Noch mehr Kundenschutz

Der Referentenentwurf sieht noch weitere Regelungen zum Kundenschutz vor: Der Wechsel des Telefon- oder Internetanbieters soll künftig innerhalb von 24 Stunden vollzogen werden. Mobilfunkkunden sollen ihre Rufnummer unabhängig von der konkreten Vertragslaufzeit zu einem neuen Anbieter mitnehmen können. Telefon- und Internetfirmen sollen mindestens ein Vertragsmodell mit einer Höchstlaufzeit von unter einem Jahr anbieten müssen. Wenn es nach einem Umzug am neuen Wohnort nur geringere DSL-Geschwindigkeiten gibt als vertraglich vereinbart, soll der Kunde den Vertrag gegen eine Abschlagszahlung kündigen können.

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