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Wirtschaft: Telefonüberwachung bei Umsatzsteuerbetrug

Koalition bringt Gesetz schon 2006 auf den Weg

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Trotz großer Skepsis beim Koalitionspartner CDU will die SPD-Bundestagsfraktion in Unternehmen, bei denen Umsatzsteuerbetrug vermutet wird, in Zukunft die Telefonanlagen überwachen lassen. Eine entsprechende Gesetzesinitiative soll noch im ersten Halbjahr 2006 auf den Weg gebracht werden. „Bei der Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges ist die Telefonüberwachung ein Königsweg der Ermittlung“, begründete der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß die Initiative seiner Fraktion am Mittwoch. Im Kern geht es den Sozialdemokraten darum, die Regelungen der Strafprozessordnung und der Abgabenordnung (Paragraf 370a) so zu ändern, dass Umsatzsteuerbetrug als schwere Steuerhinterziehung beschrieben und die Telefonüberwachung möglich wird.

Die Neuregelung sieht die SPD-Fraktion als Teil eines nationalen Programms zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug. Dazu soll auch eine Stärkung der Kompetenzen der Steuerverwaltung des Bundes zu Lasten der Länder gehören.

Weit weniger und vor allem kurzfristige Erfolge versprechen sich die Finanzexperten von einem Systemwechsel bei der Umsatzsteuer, wie ihn jetzt das Bundesfinanzministerium einleiten will. Auch bei der Union wird das Vorhaben kritisch gesehen. CDU-Finanzexperte Michael Meister sprach zunächst von einer „kritischen Prüfung der Voruntersuchungen“ und verwies darauf, dass es „vorerst keinerlei Festlegungen“ geben dürfe.

Durch Betrug mit der Umsatzsteuer – insbesondere durch so genannte Karussellgeschäfte – entgehen dem Fiskus jährlich rund 17 Milliarden Euro. Betrüger machen sich dabei die zersplitterte Verantwortung der 16 Länder-Steuerverwaltungen zunutze und kassieren Umsatzsteuern vom Finanzamt für Leistungen und Lieferungen, die sie nie erbracht haben.

Nach jahrelangen Planspielen des Bundes und der Länder hatte sich die große Koalition im Herbst darauf verständigt, einen Systemwechsel einzuleiten. Konkret geht es dabei darum, dass in Zukunft nicht mehr das leistungserbringende, sondern das bestellende Unternehmen die Umsatzsteuer an den Fiskus abführt. Zusätzlich werden Leistungen und Lieferungen zwischen Unternehmen von mehr als 5000 Euro netto abgerechnet. Solche Umsätze müssen zusätzlich nach einem komplizierten Verfahren an die Finanzämter gemeldet werden.

Obwohl der Systemumstieg schwierig und für Ämter wie Unternehmen kostenintensiv ist, will das Bundesfinanzministerium in dieser Legislaturperiode einen notwendigen Ausnahmeantrag zur Systemumstellung bei der EU-Kommission vorlegen. Eine Umstellung vor 2008 wird allerdings auch im Finanzministerium nicht erwartet.

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