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Wirtschaft: Telefunken ist wieder da

Ein türkischer Unternehmer gibt der deutschen Traditionsmarke eine Zukunft

Düsseldorf - Das neue Telefunken kommt aus Istanbul. Die deutsche Traditionsmarke wird im September auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin Wiederauferstehung feiern. An einem 600 Quadratmeter großen Stand zeigt der nach eigenen Angaben drittgrößte Fernsehhersteller Europas, die türkische Profilo-Telra, LCD- und Plasma-TV-Geräte unter dem Markennamen Telefunken.

Telefunken ist bereits die zweite Ikone der deutschen Unterhaltungsindustrie, die vom Bosporus aus ihren Weg zurück in deutsche Geschäfte finden soll. Die Marke Grundig gehört bereits zur türkischen Beko-Gruppe.

1982 begann der tiefe Fall von Telefunken. Das mittlerweile fusionierte Unternehmen AEG-Telefunken meldete Vergleich an. Seine Manager fanden nur scheinbar einen Retter. Daimler-Benz übernahm das Pleite-Unternehmen. 1996 machten die Stuttgarter endgültig Schluss mit ihrer neuen, verlustreichen Tochter. Übrig blieb neben anderen die Marke Telefunken, ohne Produktion. Seit Jahren wird sie in Lizenz vermarktet – bislang ohne durchschlagenden Erfolg.

Die Produkte mit dem markanten Logo im Stil der 1920er-Jahre – ein Rechteck mit Bitzen – stehen so schon seit 20 Jahren in den türkischen Elektronikmärkten – gefertigt von Profilo-Telra. Jetzt hat Halim Ramazanoglu, der General Manager des Unternehmens, das Lizenzabkommen auf Europa ausgeweitet.

Profilo-Telra hat nach eigenen Angaben 2005 einen Umsatz von 530 Millionen Dollar (rund 416 Millionen Euro) erzielt, ein Plus von 50 Prozent seit 2003. Ramazanoglu will bis 2008 die Milliardengrenze erreichen. Seit 1980 fertigt das Outsourcing-Unternehmen Geräte für Unternehmen wie Sony, Matsushita, Thomson und Philips sowie für Eigenmarken großer Handelsketten in Europa.

Wie die anderen türkischen Elektronikhersteller Vestel und Beko muss sich der Telefunken-Lizenznehmer seinen Platz in der Branche neu erkämpfen. Mit der Umstellung auf Flachfernseher, die lange nur in Japan oder Korea produziert wurden, sind die großen Werke für Röhrengeräte in der Türkei überflüssig. 17 Prozent der europäischen Plasmafernseher kommen heute laut Beko aus türkischer Produktion. Der Einstieg in den deutschen Markt kommt für Telefunken spät und wird nicht einfach. Das Unternehmen hat die Fußball-WM verpasst, der Absatz von Flach-TV-Geräten bleibt hinter den Branchenerwartungen zurück.

Jörg Hartmann, zuständig für Marketing & Business Development bei Fujitsu Siemens Computers (FSC), berichtet wie andere Hersteller von einem „drastischen Preisverfall im TV-Markt seit dem Ende der WM“. Der Computer-Konzern FSC drängt seit 1998 in den Unterhaltungsmarkt und bietet LCD- und Plasma-TV-Geräte an. Auf der IFA will FSC wie alle anderen auch die Orderbücher für das Weihnachtsgschäft füllen.

Deutschland kommt als Produktionsstandort für Telefunken nicht mehr in Frage. Die Produktionsstraßen stehen in der Türkei. Das denkmalgeschützte Telefunken-Gelände in Berlin-Zehlendorf ist längst verkauft. Wo in den 1930er-Jahren das einst mächtigste Hightech-Unternehmen Deutschlands residierte, entstehen Eigentumswohnungen und ein Einkaufszentrum. Immerhin gibt es dort vielleicht bald türkische Telefunken-Fernseher zu kaufen.pos (HB)

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