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Wirtschaft: Telekom-Chefs auf Abruf

Berlin (pet/fw). Unter einem Generationswechsel haben sich die Telekom-Aktionäre vermutlich etwas anderes vorgestellt.

Berlin (pet/fw). Unter einem Generationswechsel haben sich die Telekom-Aktionäre vermutlich etwas anderes vorgestellt. Helmut Siehler, der jetzt mit dem bisherigen Technik-Vorstand Gerd Tenzer als Stellvertreter die Geschäfte des größten europäischen Telekommunikationskonzerns führen soll, ist 72 Jahre alt und seit zehn Jahren Pensionär. Doch nach dem ersten Schrecken folgt die Erleichterung: Es ist nur eine Übergangslösung. Nach spätestens sechs Monaten sollen die Kandidaten abgelöst werden.

Dabei kennt Sihler die Telekom gut. Vier Jahre lang stand der frühere Waschmittelmanager an der Spitze des Aufsichtsrates. Erst vor zwei Jahren hat er diesen Posten aus Altersgründen niedergelegt, um sich einen schönen Lebensabend in seiner Heimat Österreich zu machen. Doch damit ist jetzt erstmal Schluss. Die Telekom hat gerufen, und Sihler ist gefolgt. Dabei ist allen Beteiligten klar, dass der braungebrannte, hagere alte Herr nur eine Verlegenheitslösung ist. Nicht, dass es ihm an Qualifikationen mangeln würde: Der verheiratete Vater von vier Töchtern hat eine lange erfolgreiche Karriere hinter sich. Eigentlich wollte der Klagenfurter Lehrer werden, entschied sich aber später für ein Jurastudium und ging nach der Promotion zum Waschmittel- und Chemiekonzern Henkel. 1980 wurde er Vorstandschef – und räumte erstmal kräftig auf. Mit milliardenschweren Akquisitionen, aggressivem Marketing und kräftigen Kostensenkungen trieb er den Konzern zu Rekordumsätzen. Als er vor zehn Jahren altersbedingt seinen Job aufgab, wurde Hans-Dietrich Winkhaus sein Nachfolger bei Henkel, später folgte er ihm auch an die Spitze des Telekom-Aufsichtsrats.

Ein zurückgezogenes Leben hinter österreichischen Bergen konnte Sihler sich nicht vorstellen. Erst wurde er Aufsichtsratschef bei Porsche, dann bei der Deutschen Post, 1996 schließlich bei der Telekom. Er galt schon damals nicht als Idealbesetzung. Der 66-Jährige brachte keine Erfahrungen in der Telekombranche mit. Für Ron Sommer sollte es trotzdem eine gute Wahl sein: Als der Telekomchef vor vier Jahren schon einmal massiv unter Druck geriet, weil sich seine optimistischen Prognosen nicht erfüllten und Aufsichtsräte und Vorstandsmitglieder offen über seinen Rückgang spekulierten, stärkte der Aufsichtsratschef ihm den Rücken. Damals rettete er Sommer den Kopf. Am Dienstag konnte auch Sihler nicht mehr helfen.

Anders als bei Sihler war die Berufung von Technikvorstand Gerd Tenzer an die Telekom-Spitze keine Überraschung. Schon am Wochenende war durchgedrungen, dass das mit 58 Jahren dienstälteste Vorstandsmitglied die Sommer-Nachfolge antreten sollte. Der Baden-Badener ist seit 1990 im Führungsgremium der Telekom und der Vorläuferorganisation Deutsche Bundespost Telekom. Tenzer, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, ist SPD-Mitglied. Im Vorstand war er für die Netztechnik, das Innovationsmanagement und Umweltschutz-Fragen verantwortlich. Der Vorsitzende des Verbands der Elektrotechnik gilt als „Technik-Freak“. Seine berufliche Laufbahn begann der studierte Nachrichtentechniker beim Forschungsinstitut der AEG-Telefunken. 1980 wurde er Leiter des Referats Fernmeldepolitik beim damaligen Bundesministerium für Post und Telekommunikation. Unter seiner Federführung fanden bei der Telekom die Verhandlungen über den Verkauf der Kabelnetze statt. Siemens-Chef Heinrich von Pierer hält Tenzer für „eine gute Wahl". Kritiker werfen ihm dagegen vor, keine Führungspersönlichkeit über seinen Bereich hinaus zu haben. An seiner Eignung als Vorstandschef in der derzeit schwierigen Situation des Unternehmens sei zu zweifeln.

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