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Telekom: "Der Auftrag kam von oben"

Der Berliner Datenspion, der für die Telekom hunderttausende Verbindungen überprüfte, packt aus. Und er wundert sich: Die brisanten Erkenntnisse hatten keine Konsequenzen.

Der Chef des von der Telekom engagierten Recherchediensts Network.deutschland GmbH in Berlin hat eingeräumt, über Monate hinweg systematisch hunderttausende Verbindungsdaten ausgewertet zu haben, um telefonische Kontakte zwischen Journalisten und Mitarbeitern des Unternehmens nachweisen zu können. „Der Auftrag kam von ganz oben und ist mit dem Telekom-Vorstand abgestimmt worden“, sagte Firmenchef Ralph Kühn dem „Handelsblatt“. Die Telekom gab gestern wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Stellungnahme ab.

Der Kontakt zur Telekom sei über die Abteilung Konzernsicherheit gelaufen, sagte Kühn. Bei der ersten Ausspähaktion 2005 sei es ihm mithilfe der aus Bonn gelieferten Verbindungsdaten gelungen, dem damaligen Betriebsratschef und Mitglied des Telekom-Aufsichtsrats, Wilhelm Wegner, eine telefonische Verbindung zu einem Reporter von „Capital“ nachzuweisen.

Die Zeitschrift hatte Anfang 2005 aus der geheimen Mittelfristplanung der Telekom zitiert und damit in der Konzernspitze größte Verärgerung ausgelöst. Die verwendeten Formulierungen entstammten einer Vorlage, die nur dem Aufsichtsrat zur Verfügung gestellt worden war. „Es gab deshalb bei der Konzernsicherheit der Telekom den konkreten Verdacht, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat Informationen an die Presse weitergegeben hatten“, so Kühn.

Er habe direkt von der Telekom das Material mit allen Telefonverbindungen des „Capital“-Journalisten erhalten. Nach langem Suchen und Sortieren sei er bei dieser „Operation Rheingold“ fündig geworden: Unmittelbar vor Erscheinen des Artikels hatten Wegner und der Journalist miteinander telefoniert.

Auffällig sei gewesen, dass es „trotz dieser brisanten Erkenntnisse keine Konsequenzen bei der Telekom gab“. Weder sei Konzernbetriebsrat Wegner wegen Geheimnisverrats belangt noch seines Amtes im Aufsichtsrat enthoben worden. „Wegner war klar entlarvt“, meint Kühn, „es muss da einen Deal gegeben haben.“ Wegner war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Anfang 2006 sei die Konzernsicherheit erneut auf ihn zugekommen, weil wieder interne Unterlagen in den Medien auftauchten. Kühn startete die zweite Operation, Deckname „Clipper“: Zunächst habe er Presseberichte darauf untersucht, ob sie auf Geheimmaterial der Telekom basierten. Fündig wurde er bei drei Magazinreportern. Deren Verbindungsdaten habe er dann monatlich von der Telekom erhalten und mit Dienstanschlüssen des Unternehmens abgeglichen. Die Treffer habe er nach Bonn gemeldet.

Als Ende 2006 der Wechsel von Konzernchef Kai-Uwe Ricke zu René Obermann vollzogen wurde, blieben neue Aufträge aus. Da er noch Forderungen von über 400 000 Euro hatte, drohte Kühn dem Konzern „mit Konsequenzen“. Sein Fax gelangte später zum „Spiegel“. HB

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